Klimawandel: „Wir Mütter müssen wütender werden!“
Moderatorin Milka Loff Fernandes & Bestsellerautorin Nicola Schmidt mit persönlichen Einblicken und Tipps zum Klimaschutz!
Der Klimawandel treibt auch viele von uns Eltern um! Was können wir jetzt aktiv tun? Unsere Moderatorin Milka Loff Fernandes und Bestsellerautorin Nicola Schmidt mit Antworten.
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Klimawandel:
„Ich glaube, es gibt immer etwas, was man tun kann. WENN wir es wirklich wollen.“
Liebe Milka und liebe Nicola, kennt ihr dieses schlechte Gewissen beim Thema Klima auch? Ich fühle mich manchmal schon so, als ob es an mein Bein getackert wäre – so eine Mischung aus Angst vor der Zukunft und der Frage, ob ich nicht noch mehr umsetzen könnte im Familienalltag. Und im Grunde genommen schrauben wir als Familie schon an vielen Dingen, sind aber auch echt fehlbar. Wie geht es euch da? Gebt mir doch mal bitte einen Einblick in eure Gedankenwelt…
Milka:
Ich habe kein schlechtes Gewissen. Ich tue, was ich kann. Und gleichzeitig weiß ich, dass das mehr sein könnte, ich mich aber mit dem „mehr“ schrecklich überfordert fühle. Das sehe ich eher als strukturelles Problem. Was jetzt nicht heißen soll, dass ich die Verantwortung damit aus der Hand geben will. Ich glaube nur nicht, dass ein schlechtes Gewissen irgendwohin führt.
Was brauchen wir wirklich? Was bereichert unser Leben nachhaltig?
Genauso wenig wie eine „das bringt doch alles eh nichts mehr“ – Attitüde. Ich glaube daran, dass wir Kraft der Anstrengungen, die wir im Kleinen, wie im Großen aufwenden, unsere Welt restaurieren können. Wir können sie sogar schöner und lebenswerter machen, als sie jemals war. Doch werden wir dafür unsere heutigen Realitäten auf den Prüfstand stellen müssen. Was brauchen wir wirklich? Was bereichert unser Leben nachhaltig?
Nicola:
Ich habe da ein sehr dickes Fell, weil ich von Michael Kopatz die „Ökoroutine“ gelesen habe. Natürlich kaufen wir klima-bewusst ein, aber das habe ich schon vor 20 Jahren gemacht, ohne es zu wissen.
„Die großen Heldeneposse unserer Zeit drehen sich im Wesentlichen um Menschen, die nicht aufgegeben haben.“
Ich habe manchmal einfach das Gefühl, an meine Grenzen zu kommen. Kennt ihr das auch? Vieles ist bei uns im Familienalltag nachhaltig – von der Kleidung über den Strom bis hin zu den Lebensmitteln – , aber natürlich ist da immer Luft nach oben. Was glaubt ihr: Können wir das als Familie oder Einzelpersonen überhaupt schaffen (erfolgreich gegen den Klimawandel zu kämpfen)? Ich denke, dass da einfach viel mehr von der Politik kommen muss. Unsere Psychologin Annika sagte Mal so schön, Zitat: „Unsere Grundhaltung ist unsere Verantwortung – und jeder Beitrag ist wichtig. Gleichzeitig liegt die Zukunft dieser Welt nicht vollständig in unserer Verantwortlichkeit“ – ich kann das so unterschreiben. Was denkt ihr?
Milka:
Ich stimme Annika da zu: Wenn du heute ans Meer gehst und einen Sack Müll vom Strand aufsammelst, hast du damit sicherlich nicht die Weltmeere gerettet. Aber du hast sie eben doch von einem Sack Müll befreit.
„Defeatist attitute“ hilft uns beim Klimawandel nicht weiter!
Noch einmal – eine „defeatist attitute“ hilft uns nicht weiter. Dafür sind wir Menschen auch nicht gemacht. Denk nur einmal an die großen Blockbuster im Kino. Die großen Heldeneposse unserer Zeit drehen sich im Wesentlichen um Menschen, die nicht aufgegeben haben. Und wie bitte wollen wir unseren Kindern einmal erklären „Tut mir echt leid, dass du bald nicht mehr atmen kannst. Aber dafür bist du jeden Tag mit dem SUV bei der Schule vorgefahren…“
Klimwandel: „Ich glaube, wir Mütter müssen wütender werden… Schließlich geht es um unsere Kinder.“
Aber mein letzter Satz läutet auch den Gedanken ein, den ich dazu auch noch habe. Ich glaube, wir Mütter müssen wütender werden… Schließlich geht es um unsere Kinder. Und ich finde nicht, dass mit Kindern – auch und gerade im Hinblick auf die Zukunft gut umgegangen wird.
In dem kapverdianischen Dorf, wo mein Vater herkommt, gibt es eine alte Dame – die „Dorfmutter“ – mit der legt sich niemand an. Mit einer drohend in der Luft geschwungenen Pantoffel sorgt sie zum einen dafür, dass verirrte Ziegen ihr Beet in Ruhe lassen, oder Kinder rechtzeitig beim Abendessen wieder zu Hause sind, zum anderenhaben auch Einbrecher & Randalierer keine Chance und lassen das Dorf tatsächlich in Ruhe. Die Welt ist unser Dorf und ich glaube, es wird Zeit, dass wir die Pantoffel mal in die Hand nehmen.
Nicola:
Meiner Recherche nach ist es vor allem Aufgabe der Politik, die Gesellschaft so umzubauen, dass wir uns automatisch klimabewusst verhalten können – zum Beispiel, dass wir einen ÖPNV haben, der nicht aus einem 15 Minuten-Autoweg einen 90 Minuten-Bus-Marathon macht. Ich will verpackungsfrei einkaufen, aber wenn ich dafür statt 10 Minuten zum Bioladen 45 Minuten fahren muss, dann ist das einfach auf Dauer nicht machbar. Da muss die Politik ran.
Klimawandel: Wir Eltern müssen dafür sorgen, dass die Politik das möglich macht, was wir brauchen!
Und jetzt kommt’s: Die Vergangenheit zeigt, dass sie es nicht tut. Und das sehe ich als unsere Aufgabe für Eltern: Dafür zu sorgen, dass die Politik das möglich macht, was wir brauchen. Ein amerikanischer Abgeordneter hat mal zu Umweltaktivisten gesagt: „Ich bin vollkommen ihrer Meinung. Jetzt bringen sie mich dazu, es zu tun“ – ohne Druck aus der Gesellschaft passiert da nix.
Wie nachhaltig lebt ihr? Was schafft ihr, was nicht?
Milka:
Ich muss sagen, dass das Leben in einer Stadt wie Amsterdam, nachhaltiges Leben zum Einen sehr einfach macht. Zum Anderen: „Off the Grid“ bin ich hier sicher nicht.
Das schaffen wir schon:
♥ Ich kaufe mein Obst und Gemüse eigentlich immer auf dem Markt oder beim Gemüsebauern.
♥ Ich hole Brot aus biodynamischem Getreideanbau und kaufe, wenn es geht, im verpackungsfreien Supermarkt ein.
♥ Ich fahre mit dem Rad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln.
♥ Fast alle Flüge nach Deutschland habe ich durch Fahrten mit der Bahn ersetzt.
Ich leihe gerne!
♥ Ich mache alle Devices und Computer aus, wenn ich sie nicht brauche.
♥ Ich leihe meine Klamotten in einer kollektiven Kleiderbibliothek anstatt mir immer neue zu kaufen.
♥ Ich leihe mir sowieso alles, was ich nicht permanent brauche (Reinigungsgeräte im Nachbarschaftsverbund, Auto mit Carsharing, Bücher in der Bibliothek, usw.)
♥ Ich schaue, dass Fleisch etwas „Besonderes“ ist. Denn auch, wenn es mir selbst nicht so fehlt, haben mein Mann und meine ältere Tochter doch ganz gerne mal ein Stück Fleisch oder Wurst auf dem Teller.
Hier ist noch Luft nach oben:
♣ Um Milch oder Joghurt in Glasflaschen zu bekommen, muss ich recht weit laufen.
♣ Da hole ich das doch oft lieber in Tetra-Packs etc. Im Supermarkt um die Ecke.
♣ Ich fahre, wenn ich auf der Autobahn in Dtl. Bin deutlich über 130 km/h.
♣ Ich esse Avocados und Erdbeeren aus dem Gewächshaus im Oktober.
♣ Ich mag Eiweiß-Riegel in der Verpackung als Snack oft lieber essen eine Banane.
♣ Ich mache mir ganz oft gar keine Gedanken über meinen CO2-Abdruck etc.
Zur Schule der Kinder fährt kein Bus – das ist unsere private totale Klima-Katastrophe!
Nicola:
Wir ernähren uns sehr nachhaltig, ich kaufe fast nie Klamotten – so war ich schon immer. Aber zur Schule der Kinder zum Beispiel fährt kein Bus. Das ist unsere private totale Klima-Katastrophe. Ich könnte die Kinder um sechs Uhr morgens wecken und laufen lassen, aber mal ehrlich: Ziehe ich so Umweltschützer groß? Sie werden alles hassen, was damit zu tun hat, wenn sie so eine Erfahrung machen.
Ich mache mir – wie ihr sicherlich auch – große Sorgen um diese Erde – vor allem im Hinblick auf unsere Kinder. Gibt es was aus eurer Sicht, was wir Eltern jetzt gegen den Klimawandel tun können?
Milka:
Ich glaube, es gibt immer etwas, was man tun kann. WENN wir es wirklich wollen. Das ist die Frage, die sich jede*r einzelne von uns stellen muss. „Will ich das wirklich?“ , „Wie soll meine persönliche Zukunft aussehen?“, „Wie soll unsere kollektive Zukunft aussehen?“ Als Mensch sind wir mit wunderbaren Gaben ausgestattet. Z.B. mit der Phantasie. Wir dürfen uns vor unserem geistigen Auge ein reiches und erstrebenswertes Bild dieser Zukunft malen. Ein Bild, auf das wir richtig Bock haben. Ein Bild, auf das wir alle Bock haben.
Lasst uns aktiv werden gegen den Klimawandel!
Und dann müssen wir dafür gehen und uns dafür einsetzen. Andere Menschen werden kommen und sich uns anschließen, weil dieses durch unsere Handlungen lebendig gewordene Bild in ihnen Sehnsüchte weckt. Denn wollen wir letztendlich nicht alle einfach nur glücklich uns zufrieden leben? So erschafft jede von uns ein Patch für eine Patchworkdecke aus Mini-Utopien, die sich über die vielen Familien dieser Welt ausbreitet und unsere Zukunft revolutioniert.
Der buddhistische Mönch Nichiren Daishonin schrieb: „Selbst ein einzelner Mensch mit sich widersprechenden Zielen wird mit Sicherheit scheitern. Doch hundert oder sogar tausend Leute können ihr Ziel bestimmt erreichen, wenn sie im Geiste vereint sind.“ (Quelle: Schriften Nichiren Daishonins, S. 766) „Im Geiste vereint“ sind wir Mütter im Gedanken an unsere Kinder. „Das selbe Ziel“ haben wir bereits vor Augen. So…. Und jetzt?!? Let’s go!
Klimawandel: „Wir können uns informieren und andere Eltern informieren. Und immer wieder Politiker ansprechen, anmailen.“
Nicola:
Unbedingt: aktiv werden. Mit Abgeordneten reden. Statt ins Cafe mal zur Bürgersprechstunde gehen und fragen: Was tun sie, damit mein Kind nicht in einer 4-Grad-Zukunft leben muss? Wir können uns informieren und andere Eltern informieren. Und immer wieder Politiker ansprechen, anmailen. Statt die 35. Petition zu unterschreiben, mal eine Mail an meinen Wahlkreis-MdB schicken und sagen: „Leute, was tut ihr? Ich will was von euch!“
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