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Brustkrebs: Der erste Gedanke galt meinen Kindern!

Mama Kristin spricht über offen ihre Brustkrebs-Erkrankung - ein Interview, das Mut macht!

von
Dorothee Dahinden

Brustkrebs: Kristins Umgang mit der Krankheit ist bewundernswert. Positiv, stark und voller Wärme.

Sie möchte mit ihrer Geschichte vor allem eins zeigen: Dass es sich lohnt, an das Leben zu glauben und es – jetzt, genau in diesem Moment – in vollen Zügen zu genießen. Und zu leben!

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Foto: Dorothee Dahinden// MutterKutter

Dieses Interview berührt. Fast 7 Jahre (Anm. d. Red: Wir haben dieses Interview 2018 geführt, daher ist es jetzt länger her) ist es her, dass die Schleswig-Holsteinerin die Diagnose Brustkrebs bekommen hat.

7 Jahre, die für die ganze Familie sehr bewegend und intensiv waren. In diesem Interview erfahrt ihr, wie es Kristin geschafft hat, diese Extremsituation zu meistern.


Liebe Kristin, könntest du uns deine Geschichte bitte erzählen: Wie war das damals bei dir? Wie hast du festgestellt, dass irgendetwas mit dir nicht in Ordnung ist?

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Die ganze Schwangerschaft über war ich häufig krank. Also, das hatte ich mit meiner Tochter nicht, das ist die ältere von den beiden. Das war eine ziemlich unkomplizierte Schwangerschaft. Die Schwangerschaft von meinem Sohn war dann sowieso schwieriger.

Brustkrebs: Die Abwehrkräfte waren nicht so, wie sie hätten sein sollen.

Ich war dann eigentlich durchgehend krank. Ich habe jede Erkältung doppelt und dreifach schlimm mitbekommen. Für mich selbst war es zu extrem. Jede kleine Erkältung war eine Mittelohrentzündung und ich merkte einfach, dass die Abwehrkräfte gar nicht so waren, wie sie hätten sein sollen.

Für mich selbst fühlte es sich merkwürdig an.

Und dann war ich so im achten Monat schwanger und habe dann unter der Dusche einen Knoten in der Brust getastet und gleich zu meinem Mann gesagt, dass das nicht richtig sei und dass das da nicht hingehören würde. Ich bin gleich zu meiner Hebamme gegangen und habe dann auch meinem Frauenarzt davon erzählt. Und wie es dann so ist, haben sie  erstmal gesagt: Das seien vermutlich schwangerschaftsbedingte Veränderungen der Brust. Ich hatte auch schon ein bisschen Milchfluss und dann seien ja auch Knoten nicht ungewöhnlich. Aber für mich selbst fühlte es sich halt merkwürdig an.

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Foto: Kristin B.

Wir sind dann eigentlich so verblieben, dass wir einfach warten, ob es nach der Geburt weggeht, wenn ich meinen Kleinen stille. Aber dann ging es natürlich nicht weg und dann bin ich wieder zu meinem Frauenarzt gegangen und habe gesagt: Ich möchte das gerne vernünftig untersucht haben. Also: Dass er mal einen Ultraschall macht, um zu gucken, was da überhaupt los ist. Und das hat er auch gemacht – und dann ging das Ganze eigentlich gleich los.

Brustkrebs: Ich fühlte mich anders als sonst!

Du sagst: Für dich habe es sich von Anfang an so angefühlt, als ob da irgendwas schon nicht gestimmt hätte. Kannst du da nochmal in dieses Gefühl gehen von damals. War das ein ganz tiefes Gefühl…Warum warst du dir so sicher, dass das nichts mit dem Milcheinschuss oder der Schwangerschaft zu tun hatte?

Das war hauptsächlich intuitiv. Also, dass man wirklich gemerkt hat: Das gehört nicht zu mir. Das bin ich nicht. Ich fühle mich anders als sonst. Es war einfach wie so ein Fremdkörper-Gefühl, was ich in dem Moment dann auch hatte.

Wie war das für dich, sage ich mal, dass du erst einmal „beruhigt“ wurdest. Also: War das für dich beruhigend, dass es damals hieß: Brustkrebs müsse es nicht sein?

Nein. Richtig beruhigt hat er mich auch nicht. Er sagte: Er wisse nicht genau, was es sei. Die Vermutung, dass es ein Tumor sein könnte, hat er auch geäußert, sagte aber eben auch: Es könne eine komplizierte Zyste sein – wir bräuchten dafür den pathologischen Befund und weitere Untersuchungen.

Für mich selbst war es aber von vornherein klar. Ich habe dann ja auch das Ultraschallbild gesehen. Man sieht dann ja immer diese Vergleichswerte von Frauenärzten im Zimmer. Und das sah schon ziemlich nach Tumor aus und passte ja auch sehr zu meinem Gefühl.

Dann hast du deinen Sohn auf die Welt gebracht. Wie ging es denn dann weiter?

Richtig untersucht wurde ich ja erst, wo Mads schon auf der Welt war. Vorher wurde es abgetastet und gesagt: Das würde wohl schwangerschaftsbedingt sein.

Mein neugeborener Sohn hat mir bei der Diagnose Brustkrebs Kraft gegeben.

Die richtige Untersuchung, von der ich eben sprach, die war nach Mads Geburt. Da war er 5 Wochen alt, als ich hingegangen bin. Da hatte ich ihn mit – auch zum Zeitpunkt der Diagnose – was mir allerdings sehr geholfen hat. Es hat eigentlich jeder immer gesagt, dass es ja ganz fürchterlich sei, gerade ein neugeborenes Kind und dann dieses Diagnose… Aber es war Glück, ihn dann in der Situation zu haben.

Das heißt: Er hat dir Kraft gegeben…

Sehr. Ja!

Mir treibt deine Geschichte Tränen in die Augen. Weil jede von uns nachvollziehen kann, auch wenn wir deine Situation vielleicht nicht zu 100 Prozent nachfühlen können (wenn wir sie nicht erlebt haben), was das genau bedeutet. Wie war dein Umgang in dem Moment der Diagnose damit? Wie hast du sie aufgenommen?

Mein erster Gedanke war eigentlich gar nicht mir bezogen, sondern galt meinen Kindern. Ich hatte meinen Kleinen dann im Arm und hatte Angst, dass ich keine Bindung zu ihm aufbauen kann, weil ich wusste: Ich werde sehr wahrscheinlich eine Chemotherapie brauchen, weil es in meinem jungen Alter eigentlich Gang und Gebe ist, dass sie vorsorglich eine Chemotherapie bei Brustkrebs machen.

Ich hatte Sorge, dass meine Kinder keine unbeschwerte Kindheit genießen können

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Foto: Kristin B.

Man hört ja immer nicht so Gutes eigentlich über Chemotherapien. Eben, dass man sich oft übergeben muss, extrem abnimmt und dann im Bett liegt und sich gar nicht richtig um was kümmern kann. Und davor hatte ich eigentlich am meisten Sorge. Dass ich dann deswegen keine Bindung zu meinem Sohn aufbauen kann.

Und auch, dass meine Tochter, – die war zu dem Zeitpunkt 2,5 – dadurch psychisch geschädigt wird. Weil sie das dann mitkriegt, die eigene Mama als schwach die ganze Zeit nur erlebt und sich dann vielleicht auch Sorgen macht und  gar nicht so eine unbeschwerte Kindheit genießen kann, wie man es sich für seine eigenen Kinder wünscht.

Das waren so die Gedanken, die ich zum Zeitpunkt der Diagnose hatte. Relativ wenig über mich, sondern mehr: Wie wir das mit den Kindern dann alles machen werden, wie die damit umgehen können.

Wir haben uns nicht auf den Brustkrebs, sondern auf die schönen Dinge konzentriert.

Wie habt ihr es denn dann gemacht?

Mein Mann und ich haben versucht, relativ entspannt die Situation auf uns zukommen zu lassen. Wir haben uns vor allem erst einmal nicht im Internet belesen. Das hat auch jeder Arzt gleich zu uns gesagt – weil: man hört immer nur diese Negativbeispiele. Es ist ja leider so, dass die Meisten, die es positiv erleben, sich dazu nicht mehr äußern, sondern das einfach dann so belassen. Weil sie sich vielleicht auch ein bisschen zurückziehen wollen. Und vielleicht gar nicht mehr so in Kontakt mit der Krankheit treten mögen.

Wir haben eben geschaut und gesagt, wir gucken, wie es weiter geht. Wir können es eh nicht beeinflussen und müssen auf die Ärzte vertrauen und versuchen, uns erst einmal auf die schönen Dinge, die wir im Leben haben, zu konzentrieren. Und das waren in erster Linie erstmal unsere Kinder und unsere Ehe. Und das haben wir dann auch gemacht.

Deine Tochter ist ja in einem Alter, in dem sie deine Geschichte bewusst mitbekommen hat. Wie hat sie reagiert? Wie ist sie mit der Situation umgegangen?

Wir haben ihr gesagt, dass ich krank sei. Dass ich was an der Brust hätte, weswegen ich auch behandelt werden müsse und es mir manchmal nicht so gut gehen würde, wenn ich Medikamente bekommen habe.

Das Thema Tod spielte keine Rolle.

Das Thema Tod war nicht da. Aber auch zwischen meinem Mann und mir auch nicht wirklich relevant, weil wir uns sehr sicher waren, dass das gut ausgehen wird und uns erstmal darauf konzentriert haben, dass es auch so laufen wird. Ich glaube für meine Tochter war es dann, es hört sich jetzt blöd im Vergleich an – aber, als hätte ich eine sehr sehr schwere Grippe gehabt oder so.

Ich war montags bei der Chemo und bin dienstags mit meinem Kleinen zum Babyturnen gegangen.

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Foto: Kristin B.

Sie hat es natürlich mitbekommen, dass ich Medizin brauchte, dass ich oft nicht da war, weil ich eben operiert worden bin oder weil ich im Krankenhaus die Chemotherapie bekommen habe. Aber ich kam immer wieder nach Hause und habe mich um sie gekümmert. Ich habe möglichst auch versucht, normale Sachen mit meinen Kindern weiterzumachen.

Ich hatte meine 2. Chemoeinheit wöchentlich, dann war ich montags bei der Chemo und bin dienstags mit meinem Kleinen zum Babyturnen gegangen. Einfach, um Normalität für die Kinder aufrecht zu erhalten und auch für mich, dass ich im Trott der Krankheit nicht untergehe, sondern mich auf die schönen Dinge konzentriere und auch nichts von der Kindheit meiner Kinder verpasse.

Woher nimmst du die Kraft bzw. woher hast du sie damals genommen?

Das ist einfach sehr sehr viel eigene Lebenseinstellung. Das war vorher schon so. Das war unter der Krankheit so. Und das ist auch jetzt so geblieben, dass ich mich einfach versuche auf schöne Dinge zu konzentrieren, auf Dinge, die ich habe – und nicht so das Negative in den Fokus zu stellen. Letztendlich bringt das niemandem was. Man kann sich darin nur verlieren.

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Musik: Finn Seliger!

Ich wollte genauso leben wie auch sonst.

Und wenn man so in einer Phase der Krankheit sich darin so gehen lässt, dann verliert man sich irgendwann. Ich wollte die Krankheit immer so hinnehmen, aber mich nicht darüber definieren oder sagen, dass die Krankheit mich ausmacht. Ich war trotzdem ich und wollte genauso leben wie auch sonst. Ja, meine Medikamente kriegen und dann möglichst normal den Alltag genießen.

Boah, du kannst den Menschen da draußen so viel geben. Ich finde das so toll, dass du mit mir überhaupt über das Thema Brustkrebs redest und dieses Signal auch sendest. Das ist dir ein Bedürfnis, oder? Sehe ich das nur so und fühle ich das nur so oder ist das auch so?

Ja, das ist definitiv so. Vor allem, weil ich es leider in der Erkrankung ganz oft erlebt habe, dass Menschen unsicher waren und sich dann abgewandt haben.

Diagnose Brustkrebs: Bekannte haben die Straßenseite gewechselt.

Ernsthaft?

Ja, es war dann teilweise so: Bekannte haben die Straßenseite gewechselt als sie mir begegnet sind. Weil sie die Situation vermeiden wollten zu fragen: „Wie geht es dir?“ – oder sowas.

Krass!

Auch im Freundeskreis hatten wir einen, der sich nicht mehr gemeldet hat, mit dem mein Mann dann auf Konfrontationskurs gegangen ist, weil es ein sehr sehr guter Freund von uns war. Und er hat dann gesagt „Was ist denn los? Das haben wir irgendwie anders erwartet.“ Und er sagte dann: Er kann damit nicht um und er hat seine eigenen Probleme – und Krebs ist mit Tod so gleichgesetzt.

Als Brustkrebspatient wird man manchmal mit Tod gleichgesetzt.

Ja, jedes Mal wenn man das so hinterfragt, ist das auch die Unsicherheit von den Leuten gewesen. Das ist auch oft ein ganz altes Bild, was über die Krankheit so verbreitet ist in der Gesellschaft. Brustkrebs – gerade speziell  – ist so extrem gut behandelbar. Man sagt ja: Um und bei sind 90 Prozent aller Brustkrebserkrankungen heilbar. Und diese letzten zehn Prozent machen es für die, die geheilt werden, extrem schwer dann, wenn die so präsent in der Gesellschaft sind. Wenn immer diese Negativbeispiele kommen. Man wird als Brustkrebs-Patient von Außenstehenden manchmal mit Tod gleichgesetzt. Und das fand ich ganz schlimm, weil ich einfach ja auch selber damit positiv umgegangen bin.

Ich hatte auch mit dem Haarverlust, der damit einherging, gar keine Probleme. Das waren für mich temporäre Sachen, die halt mal so waren. Aber die Gesellschaft hat oft ein Problem damit gehabt. Das ist der Grund, warum ich jetzt darüber rede, damit man wenigstens einen kleinen Teil dazu beitragen kann, dass sich das Bild ändert bei dem einen oder anderen. Dass man sagt: Hey, man kann trotzdem Spaß haben. Man hat eine Chance, vollständig geheilt zu werden.

Brustkrebs: Ich wollte keinen Sonderstatus.

Was hättest du denn damals für einen Umgang mit dir gewünscht? Ganz normal…?

Ganz normal wie immer. Natürlich auch die Frage, wie es einem geht. Das gehört natürlich auch dazu. Dass man am gesellschaftlichem Leben weiter teilnimmst und nicht so als Sonderstatus behandelt wird.

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Foto: Kristin B.

Es ist für viele Menschen schwierig. Es ist, wenn du in der Therapiephase steckst,  wie ein Schatten, der über einem schwebt. Und die Leute wollen mehr erfahren, trauen sich dann nicht, weil sie nicht wissen, wie derjeniege reagiert. Es ist ja sicherlich auch wirklich schwierig. Weil jeder ein anderes Bedürfnis hat als Patient. Auch anders damit umgeht. Umso wichtiger ist, dass der Patient dann ein Signal sendet. Ob man entspannt selber damit umgeht. Welchen Umgang man für sich selbst haben möchte.

 Meine Heilungschancen des Brustkrebs waren sehr hoch

Lass nochmal einen Schritt zurückspringen: Wie sah die Brustkrebs-Behandlung aus?

Nachdem es diagnostiziert worden ist, habe ich als allererstes eine Lymhknotenoperation bekommen. Da wurden mir unter meiner linken Achsel neun Lymphknoten entfernt. Das haben sie gemacht, um zu schauen, ob der Krebs schon angefangen hatte zu streuen.

Also, es wurden als allererstes sehr sehr viele Untersuchungen gemacht, um genau zu bestimmen, inwieweit der Krankheitsverlauf schon fortgeschritten ist. Ich hatte das sehr sehr große Glück, dass in keinerlei Organen und den Knochen Metastasen gefunden werden konnten und ja, es eigentlich ein Frühstadium war. Mein Tumor war zwar schon 3,2 Zentimeter groß, was schon nicht mehr als Frühstadium gilt, aber da er noch nicht gestreut hat, sind Heilungschancen halt sehr sehr hoch.

Das war so der erste Punkt, dass geschaut werden musste, was für eine Art Tumor ist es, wie weit ist er ausgebreitet und entsprechend wurde dann in einem Brustzentrum eine Behandlung für mich ausgearbeitet. Der 1. Schritt war dann eine Chemotherapie. Die bekam ich über 4,5 Monate.

Für mich war die erste Chemoeinheit die schwerste.

Wie war die? Wie kann ich mir das vorstellen?  Also: Ich stelle mir diese Zeit unglaublich hart vor, wenn ich das so sagen darf..

Das Schlimme war für mich, wenn man erst einmal diese Aufklärungsgespräche hat, was alles passieren kann, dass eben auch das Herz geschädigt werden kann. Und wenn man dann sieht, wie dieses Medikament in einen hineinläuft – das ist schon eine schlimme Situation am Anfang. Das ist mehr die Unsicherheit, weil man nicht weiß: Was kommt jetzt auf einen zu? Werde ich irgendwelche Langzeitschäden davon kriegen? Wird mich das so umhauen, dass ich mich gar nicht mehr normal im Alltag beteiligen kann?

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Foto: Kristin B.

Für mich war dann auch die erste Chemoeinheit die schwerste. Ich hatte auch an der am meisten Nebenwirkungen, obwohl ich insgesamt recht wenig hatte. Aber das war dann auch der psychische Faktor, der viel mit reinspielte – diese Aufregung, wie das jetzt alles abläuft. Die weiteren Chemoeinheiten habe ich dann von mal zu mal besser vertragen.

Was heißt denn schlecht vertragen? Wie hat sich das geäußert?

Eigentlich wie ein richtig schwerer Kater. Ich muss mich nicht übergeben. Aber mir war sehr sehr übel. Extreme Kopfschmerzen, eigentlich Migräne. Schweißausbrüche. In der Nacht kalter Schweiß und Zittern. Eine Mischung aus Grippe und alkoholkrank.

Das war so über drei bis vier Tage nach meiner ersten Infusion und dann wurde es deutlich besser. Und die zweite Woche, die dann da war, war fast schon normal wieder.   Und dann ging es ja von vorne los. Aber ich hatte da wirklich das Glück, dass es von Mal zu Mal weniger wurde mit den Nebenwirkungen. Diese Phasen, in denen es mir so ging, wurden deutlich kürzer. Und bei meiner letzten Einheit war es dann eigentlich nur noch der eine Tag und danach war es auch schon wieder in Ordnung.

Montags bekam ich die Infusion und dienstags bin ich zum Babyturnen gegangen.

Und nach den acht Wochen, nach denen ich mit dem einen Chemo-Medikament fertig war, das hatte ich vier Mal alle zwei Wochen, und danach hatte ich zwölf Mal wöchentlich ein anderes – und das habe ich super vertragen. Davon hatte ich fast nichts.

Montags bekam ich die Infusion und dienstags bin ich zum Babyturnen gegangen. Da habe ich angefangen wieder Sport zu machen – das hatte ich ein bisschen zurückgeschraubt während der Therapie. Den Chemotag an sich haben wir dann relativ entspannt verbracht, wenn ich dann nach Hause kam. Dann hatte mein Mann gekocht, wir haben gegessen, er hat die Kinder ins Bett gebracht und abends haben wir fern geguckt. Also: Die zweite Einheit, die war wirklich gut verträglich.

Gab es noch mehr außer der OP und den Chemos im Rahmen dieser Behandlung?

Ja, vor dieser Chemotherapie wurde mir ja auch noch ein Port eingesetzt. Das ist so ein Titanteil, was unter die Haut implantiert wird und in die Hauptschlagader direkt vors Herz führt, damit die Chemomedikamente eben auch direkt im Herzen ankommen und im ganzen Körper gleichmäßig verteilt werden. Das wurde drei Tage vor meiner ersten Chemo implantiert und das habe ich über den gesamten Zeitraum der Chemo drin behalten.

Brustkrebs: Ich konnte Brust erhaltent operiert werden.

Und dann gab es nach der Chemotherapie die Operation. Während der Chemotherapie haben wir geschaut, wie der Tumor auf die Chemo anspringt. Das hat er zum Glück sehr sehr gut gemacht. Er war nachher noch 8mm groß von den 3,2 Zentimetern und ich konnte dann Brust erhaltent operiert werden. Bekam dann den Resttumor mit Sicherheitsabstand rausgenommen und bekam dann im Zuge der gleichen OP den Port auch wieder mit rausgenommen. Und dann habe ich noch eine Bestrahlung bekommen, nachdem die Wundheilung abgeschlossen war.

Wie lange hat die Brustkrebs-Behandlung insgesamt gedauert?

Der Gesamtzeitraum war so ungefähr zehn Monate. Die Bestrahlung war nochmal acht Wochen. Da musste ich Montag bis Freitag jeden Tag ins Krankenhaus für jeweils eine Stunde ungefähr. Das war für mich eigentlich tatsächlich belastender als die Chemo.

Von der Bestrahlung hatte ich eigentlich gar keine Nebenwirkungen. Also, so ein bisschen Sonnenbrand ähnliche Hautschäden und mal so eine leichte Schwellung, aber das ist eigentlich fast nicht erwähnenswert. Das war wirklich kein Problem. Aber dieser Zeitfaktor. Mein Mann war dann auf Arbeit, hat extra früher angefangen zu arbeiten, damit er früh Feierabend machen konnte, damit er dann dann die Kinder betreuen konnte, wenn ich dann ins Krankenhaus gefahren bin. Unser ganzer Tagesablauf drehte sich nur noch um diese Organisation der Bestrahlung.

Leben mit Brustkrebs: Meiner Tochter habe ich angemerkt, dass ich ihr gefehlt habe.

Ich hatte so wenig Zeit mit meiner Tochter. Sie war morgens im Kindergarten, dann war Mittagsstunde, dann war ich nachmittags eben mit der Bestrahlung beschäftigt und wenn ich nach Hause kam war dann schon Abendbrot- und Zubettgehhzeit. Und das ist für zwei Wochen vielleicht nicht das Problem, aber nach zwei Monaten ist das nicht mehr ganz so schön für eine Mama und für die Tochter erst recht nicht. Und das war auch der Zeitpunkt, wo man es meiner Tochter dann auch angemerkt hat.

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Foto: Kristin B.

Während der Chemo und der OP-Zeit war sie eigentlich wie immer. Da habe ich keinen Unterschied festgestellt. In der Bestrahlungszeit, da merkte man, dass sie viel frecher wurde, um Aufmerksamkeit einzufordern – ja, das ihr das schon sehr gefehlt hat.

Und dein Sohn? Der war ja noch sehr klein?

Er war ja erst zehn Monate alt, wo alles abgeschlossen war, der hat es natürlich nicht mitbekommen. Für ihn ist es sehr schön gewesen, dass mein Mann da war. Er war vier Monate zuhause und hat dadurch eine Bindung zu Mads aufgebaut, wie das sonst vielleicht nicht möglich gewesen wäre.

Wenn du jetzt an diese Zeit zurückdenkst: Was geht dir dann durch den Kopf?

Es sind sehr gemischte Gefühle. In der Situation selbst war das irgendwie ganz natürlich. Es fühlte sich nicht groß anders an als sonst. Rückblickend habe ich mehr Selbstmitleid als ich es in der Situation hatte. Auch wenn ich Fotos sehe, denke ich: Oh, das ist ja schon Wahnsinn, was wir alles durchgemacht haben.

Ich bin dankbar.

Aber auf der anderen Seite, die bei mir viel mehr überwiegt, ist tatäschlich Dankbarkeit. Weil sich durch das, was ich erlebt habe, mein Blick sich geändert hat. Ich bin für viele alltägliche Dinge viel dankbarer als ich es vorher war. Für Dinge, die ich habe, für meine Familie, für meinen Mann. Und dass ich meinen Mann auch so gesehen habe, wie er sich halt benommen hat. Es ist ja anders, wenn man denkt, es dann zu erleben, ist was ganz anderes. Das ist eigentlich das, was mein Hauptgedanke ist: Dankbarkeit.

Wie hat sich denn nach der Brustkrebs-Erkrankung Blick auf das Leben verändert?

Man neigt ja immer dazu, entweder in der  Vergangenheit zu schwelgen, in den guten alten Zeiten, sich ein bisschen in Erinnerungen verliert oder dass man nur auf die Zukunft bedacht ist, was man eigentlich noch erreichen möchte, was man alles noch vorhat. Und eigentlich gar nicht so das Jetzt richtig erlebt, obwohl das eigentlich das ist, was jetzt zählt.

Und das sind jetzt für mich meine Kinder, mein Mann. Dass wir die Zeit genießen, die wir haben. Ich mache mir auch wenig Sorgen darüber, was in Zukunft passiert, weil ich es eh nicht beeinflussen kann. Und kein Mensch weiß, was morgen ist. Und dem bin ich mir noch viel bewusster als ich vorher war.

Giltst du denn jetzt als von Brustkrebs geheilt oder muss man da eine Zeit abwarten? Wie ist der Stand der Dinge?

Richtig geheilt ist man bei Brustkrebs, wenn man nach fünf Jahren keinen Rückfall hatte. Ich habe jetzt erst ein bisschen mehr als ein Jahr rum. Also muss ich noch vier Jahre warten, dass ich als offiziell geheilt gelte. Derzeit kann man davon ausgehen, dass ich zu 80 Prozent geheilt bin.


DANKE!

Liebe Kristin, ich danke dir von Herzen für dieses kraftvolle Interview – und ich freue mich sehr darüber, dass ich dich kennenlernen durfte und dass du meinen Blick auf das Thema Brustkrebs verändert hast!

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