Baby, Kind & Teen

Physiotherapie mit Down-Syndrom!

Ein berührender Gastartikel!

von
Kati Pein

Über die Physiotherapie mit Down-Syndrom. Kati gibt uns Einblicke in ihre Gefühls- und Erlebniswelt als Mutter:

Ein schwerer Weg für Eleni: Physiotherapie mit Down-Syndrom.

Schon in der Klinik bekam Eleni ihre ersten Physiotherapie-Stunden. Eine ganz liebe
Therapeutin kam jeden Tag zu uns ins Zimmer und Eleni verschlief fast immer ihre Einheit. Es ging erst einmal um ganz einfache Sachen, wie die Mitte finden und etwas Massage.

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Foto: Kati Pein

Levke war einfach toll und es war jedes Mal total beruhigend, wenn sie bei uns war. Ich war ja noch super durcheinander und wusste überhaupt nicht, was auf uns zu kommt. Sie beobachtete Eleni auch beim Wickeln und wie sie den Schnuller hält. Und sie war damals schon froh, wie viel sich die Kleine bewegte.

Eleni muss auf jeden Fall Physiotherapie bekommen, um ihre Muskeln in Gang zu bekommen. Levke empfahl uns eine Kollegin. Die kam auch einmal mit und auch wenn ich noch total überfordert war von dem, was sie mir erklärte, war sie mir gleich sympathisch.

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Ich musste zuschauen, wie mein Kind zum Weinen gebracht wird.

Seit Eleni fünf Wochen alt ist gehen wir zwei Mal in der Woche zur Therapie. Eleni turnt Bobath und Vojta. Bei der einen Therapieform geht es eher ums Handling, bei der anderen werden Reflexpunkte gedrückt, um bestimmte Bewegungen hervorzurufen. Dies wird oft von den Kindern nicht toleriert, weil sie in eine Zwangslage gebracht werden. Und auch Eleni schimpfte jedes Mal ordentlich.

Ich musste zuschauen, wie mein Kind zum Weinen gebracht wird. Immer wieder musste mir die Therapeutin versprechen, dass es Eleni nicht wehtut, sondern nur ungewohnt anstrengend ist. So wie wenn wir Sport machen. Doch es gab Therapiestunden, da weinten wir beide. Ich fand es gemein, dass mein kleines Mäuschen sich Sachen so hart erarbeiten muss, die andere Kinder ganz von selbst machen.

Physiotherapie mit Down-Syndrom – immer nur eine Übung:

Ich hatte Angst davor.

Mein Kind zwei Mal pro Woche dorthin zu bringen, ist schon unglaublich schwer. Aber ich habe viel gelesen und wusste, dass Vojta oft schneller Erfolge bringt, als nur Bobath. Und es bringt mehr, wenn man es öfter als ein oder zwei Mal pro Woche bei der Physio turnt. Das bedeutet: zu Hause turnen. Immer nur eine Übung – es dauert nicht lang, aber ich hatte Angst davor. Davor, dass das Training unsere Mutter-Kind-Bindung kaputt machen könnte.

Ich war sogar so aufgeregt, dass ich den Griff vergessen hatte. Und dann hab ich einen großen Fehler gemacht: Ich habe gegoogelt! Dabei wollte ich abends im Bett nur noch mal schnell schauen. Ich dachte, der Griff ist bestimmt einfach im Netz zu finden. Den fand ich nicht, aber jede Menge Foren zu dieser Therapieform. Dort diskutierten Eltern über Sinn und Unsinn dieser Therapie. Ich las Sätze, wie: Es ist nicht klar, ob die seelischen Qualen die körperlichen Erfolge rechtfertigen. Ich war schweißnass! Oh Gott, was tue ich meinem Kind an, das da neben mir im Bett so friedlich schlief. Mein Freund war auf Dienstreise und es war mitten in der Nacht. Ich konnte ihn nicht erreichen. Und ich weiß nicht mehr, wie ich eingeschlafen bin.

Riskiere ich, dass Elenis Freunde ihr irgendwann davon rennen können?

Ich hatte aber großes Vertrauen zu unserer Therapeutin und redete in der nächsten Stunde mit ihr darüber. Sie kannte diese Foren. Sie erzählte mir, dass sie in der Ausbildung die Griffe selber gegenseitig an sich ausprobiert haben – und ja, es ist sehr anstrengend und ja es gibt einen ordentlichen Muskelkater, aber es bringt etwas.

Trotzdem war es sehr schwer für mein Mutterherz. Ich war ständig hin- und hergerissen zwischen: Lass ich es jetzt und riskiere damit, dass Elenis Freund*innen ihr irgendwann davon rennen können? Oder trainiere ich sie und halte es aus, dass sie dabei weint? Eine Entscheidung, die ich fast nicht treffen konnte.

Und so sprach ich auch nochmal mit unserem Kinderarzt. Er war super: Er sagte, er versteht meine Sorgen und findet es super, dass ich es anspreche und nicht einfach so hinnehme. Da war ich ja schon mal erleichtert. Er sagte, er sei trotz allem für die Vojta-Therapie, weil er einfach in seiner Praxis die Erfolge und Fortschritte der Kinder sieht. Aber er kann auch verstehen, wenn ich zu Hause nur Bobath turnen kann. Es sei an mir.

Ich habe oft weinend über der Kleinen gesessen.

Ich spreche nochmal viel mit meinem Freund, mit Freunden und unseren Eltern und ich entscheide mich für Vojta. Bin ich eine Rabenmutter? Ich habe einfach Angst davor, dass Eleni zu viel verpasst und traurig ist, wenn sie nicht richtig mitmachen kann. Also turne ich zu Hause mit ihr und habe dabei oft weinend über der Kleinen gesessen und ihr versucht zu erklären, dass ich ihr nicht weh tun möchte, es aber nicht anders geht.

Noch heute fällt es mir schwer: Ich schiebe jeden Tag die Trainingseinheit vor mir her. Entweder spielt die Kleine gerade so süß oder lacht oder will mit Mama kuscheln, da will ich sie nicht zum Weinen bringen. Aber sie ist ja schon von Anfang an unglaublich cool. Ich glaube, sie versteht, dass sie das Turnen voran bringt und das will sie unbedingt. Das spürt man. Neuerdings legt sie schon los, bevor ich drücke. Schon wenn ich sie nur in Position lege. Sie ist so unglaublich tapfer und macht es mir dadurch etwas leichter – meine kleine starke Eleni!

Physiotherapie mit Down-Syndrom: Es hat sich alles sehr gelohnt!

Ich habe für uns beschlossen: Ich turne nur, wenn es passt. Nie woanders und nie, wenn wir Besuch haben. Und ein Tipp unserer Therapeutin: ich mache es an einem Platz, der nur fürs Turnen ist. So kann sich Eleni drauf einstellen und weiß, wann es losgeht. Manchmal lege ich mich auch neben sie und mache meine Bauch-Beine-Po-Übungen. Da sieht sie dann, dass auch Mama anstrengende Übungen machen muss.

Und bei uns hat sich das alles sehr gelohnt. Eleni hat die U5 als altersgemäß entwickelt bestanden. Und sie kann seit dieser Woche robben. Mit achteinhalb Monaten – und das war wieder ein Moment zum Weinen, aber dieses Mal vor Glück!

Danke Nadin!


♥ Über ihr Familienleben und das Down-Syndrom haben wir mit Kati Pein auch in unserem Podcast „HEY Familie“ gesprochen (Eigenwerbung*) – hier geht es zur Folge mit Kati (nicht nur bei Apple, sondern auf allen gängigen Podcast-Kanälen):

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