Netzhetze: „Über Online-Bashing & Hate muss geredet werden.“
Netzhetze: Ein Thema, das mich, Doro, sehr bewegt. Ich lese öfter die Kommentarspalten einiger Zeitungen bei Facebook und Co. und frage mich dann. Warum sind so viele Menschen offenbar so wütend? Und auch: Was können wir tun, damit wir wieder zu einem WIR finden? Zu einem #miteinander. Anstatt eines #gegeneinanders? Darüber sprechen ist für mich ein möglicher erster Schritt – ich glaube, dass das wichtig ist.
Etwas, was die erfolgreiche Instagrammerin Franzi @thefabulousfranzi genauso sieht. Denn auch sie hat die Netzhetze nun getroffen. Übelst, wie ich finde. Ich bin Franzi unendlich dankbar dafür, dass sie den Mut aufbringt und über die Beschimpfungen redet. Neulich war sie bei MutterKutter schon an Bord als wir über den Pflegenotstand in Deutschland diskutiert haben. Jetzt redet sie Tacheles über die Verleumdungen, mit denen sie im Netz konfontiert wurde.
Übrigens ist das der zweite Beitrag zum Thema: Auch Familienbloggerin Mari @babykindundmeer, Janine @kindherzgedanke und MutterKutter-Frauenärztin Judith haben sich schon zum Thema „Hass im Netz“ in diesem Artikel geäußert. Auch diese drei Frauen hat es hart getroffen.
Gibt es denn überhaupt eine Lösung, um die Netzhetze enzudämmen?
Auch darüber habe ich in diesem Interview mit Franzi gesprochen!
Liebe Franzi, herzlichen Dank dafür, dass du bereit bist, über deine Erlebnisse zu sprechen. Darf ich dich mal so direkt fragen: Welche Gefühle lösen die Worte Hass im Netz bei dir aus? Was geht dir da als erstes durch den Kopf?
Hass im Netz ist fast immer anonym. Es ist unglaublich einfach geworden, seinen Frust an fremden Menschen auszulassen ohne, in den meisten Fällen, mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Das ist beunruhigend!
Netzhetze: Verstecken hinter dem Handy!
Welche Streitkultur entwickelt sich da? Die unbequeme Version, nämlich ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen, Differenzen und Meinungsverschiedenheiten auszudiskutieren… Es geht einfacher, indem man sich hinter seinem Handy versteckt.
Bitte erzähl doch mal: Was ist dir genau passiert? In welchem Ausmaß hast du die Wut von anderen Menschen zu spüren bekommen?
Ich war lange Zeit der Ansicht, von Netzhetze verschont zu bleiben. Mein Account bietet eigentlich wenig Angriffsfläche. Sozialkritische bzw. eine Thematik rund ums Gesundheitswesen provoziert eigentlich nicht. Dachte ich.
Netzhetze: wochenlange Beileidsbekundigungen
Es fing an mit Beleidigungen à la’ „du Arschabwischerin“ oder „warum hast du nichts Anständiges gelernt“ bis zu einem Vorfall, bei dem Fake News verbreitet wurden. Mein Mann sei gestorben, hieß es. Diese Nachricht verbreitete sich rasend schnell, sodass ich wochenlang Beileidsbekundungen erhielt.
Ich wurde auch oft genug bei Instagram gemeldet, mein Account mache Angst und schüre Panik… Das führte zu einer tagelangen Sperrung. Anonyme Morddrohungen zu einem Post übers Impfen, bei dem ich eigentlich um Diskussion gebeten hatte, statt meine Meinung zu vertreten.. Die Liste ist lang.
Weisst du, warum du genau zur Zielscheibe geworden seid? Und: Hast du eine Idee davon, wer die „Hater“ waren und was sie angetrieben hat, dich zu beschimpfen, zu denunzieren oder auch Lügen zu verbreiten?
Nein. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Das Streitpotential in der Zielgruppe bei „Mama-Accounts“ ist ziemlich hoch. Jeder will das Beste fürs Kind, nicht jeder ist in der Lage konstruktiv Kritik zu üben. Diese Kritik verschmilzt mit dem Impuls, anderen die eigene Wahrheit aufzwingen zu wollen. Der Umgangston und die Diskussion verlief bei mir immer sehr friedlich.
Wie bist du damit umgegangen? Sowohl emotional als auch vielleicht im rechtlichen Hinblick.
Emotional ist das nicht einfach. Ich bin schon in mich gegangen und hab mich gefragt: „OK. Warum?“ Natürlich denkst du auch daran, alles hinzuschmeißen um dich keinen öffentlichen Anfeindungen mehr auszusetzen.
Auf der anderen Seite ist aufgeben nicht mein Ding. Rein rechtlich hatte ich in meinen Fällen keine Handhabe.
Netzhetze: „Man weiß nie, wer da draußen zusieht.“
Ich empfinde dich als starke Frau. Darf ich dich so fragen: Machst du genauso weiter wie bisher? Hat das Erlebte irgendeinen Einfuss auf dich und deinen Online-Auftritt? Ich hoffe, dass du genauso voller Power weitermachen wirst.
Ich für meinen Teil mache nichts anders als früher – ich bin vorsichtig und zurückhaltend mit meinem Privatleben, zeige die Kinder selten bis nie.. Man weiß nie, wer da draußen zusieht.
Kommunikationsmanieren als Mangelware!
Hast du eine Idee: Was können wir tun, um einfach noch mehr Gutes in die Welt hinauszubringen? Menschen zu verbinden. Wie können wir ein Zeichen setzen? Ich empfinde ja schon Interviews/ Gespräche wie dieses hier als wichtig als ersten Schritt. Ich bin gespannt auf deine Gedanken.
Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob es wirklich nur das Internet und Social Media ist, was die Menschen zu solchen Aktionen verführt. Ich bin immer noch der Meinung, wer eine richtige Kinderstube hatte, der sucht das Gespräch und putzt niemanden anonym runter.
Diese Charaktere hat es wahrscheinlich schon immer gegeben, nur haben sie jetzt eine Plattform, um sich auszutoben. Kommunikationsmanieren sind Mangelware bei manchen Menschen.
Lasst uns über Netzhetze reden!
Über Online-Bashing und Hate muss geredet werden. Und darüber, dass diese Dinge nicht nur rechtliche Konsequenzen haben können. Es gibt genug Fälle, da hat das Cyber-Mobbing empfindliche Seelen getroffen hat, die mit anonymem Hass eben nicht so gut umgehen können. Von psychichen Schäden bis hin zu Selbstmord ist alles dabei. Aus vermeintlichem Spaß kann sehr schnell bitterer Ernst werden.
Lieben Dank dir für das Gespräch, liebe Franzi!
Übrigens, das hier ist eins von drei Interviews mit Intensivkrankenschwester Franzi. Diese beiden findet ihr auch noch auf MutterKutter:
♥ Selbstmord nach Hilferuf bei Instagram: „Ich hatte im Nachhinein Angst, etwas überhört zu haben.“
♥ Pflegenotstand: „Wir steuern langsam aber sicher auf eine Katastrophe zu.“
Und hier findet ihr die Intensivkrankenschwester auf Instagram!