Wir müssen reden!

Alles gut?! Oder: Warum ich ins Phrasenschwein einzahle!

Darum will ich die Floskel nun aus meinem Wortschatz streichen! Autorin: Dorothee Dahinden

von
Dorothee Dahinden

Alles gut! Alles gut? Hey, alles gut, Mann! –  ein komischer Halbsatz, der dabei ist, das neue MEGA! zu werden.

Oder ist er es schon?

Alles gut? Die Floskel mit Anstandswauwau?

Kennt ihr diese Momente, die ihr schnell mit Wörtern füllt? Um peinlicher Stille vorzubeugen oder um – böse gesagt – den Anschein des Interesses am Gegenüber zu wahren? Momente, in denen ihr vielleicht gar keinen Kopf oder Kraft habt für tiefergehende Gespräche mit anderen. Oder auch: keinen bock. Momente, in denen ihr euch aber selbst einen innerlichen Ruck gebt, um den Höflichkeitsanstand zu wahren? Ich kenne sie. Und haue dann gerne mal unbedarft ein „Na, alles gut?“ raus. Und denke im selben Moment: Oh nö, ey. Nicht schon wieder! Weil…nun ja…ich mich in letzter Zeit schon gefragt habe: Was erwarte ich eigentlich als Antwort auf meine Floskel? Bei einem JA ist das Thema mit zwei Buchstaben abgehakt. Und was mache ich dann eigentlich bei einem NEIN? Nachfragen? Ja? Nein? Vielleicht? Hrrm.

Ich überspitze, ja!

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Dorothee Dahinden, Illustration: Verena Potthast, www.rundfux.de

Ihr merkt schon – ich überspitze bewusst. Einfach, weil ich mein „alles gut“ als ziemlich inhaltsleer betrachte und ein ehrlich gemeintes „Wie geht es dir?“ oder auch ein nettes „Hallo“ reichen würden, wenn ich keine Lust, Zeit oder Muße für Gespräche habe.

Warum ich darüber schreibe? Weil ich mit dieser Phrase absolut nicht alleine bin. Inzwischen habe ich wirklich das Gefühl: alles gut ist das neue Mega! Ebenfalls ein Wort, das ich nicht verstehe. Zum Beispiel bei Instagram. Ich antworte zum Beispiel auf eine Frage mit „Du findest den Artikel unter XY auf MutterKutter“ – was bekomme ich als Antwort? Richtig: „Mega!“ Aha.

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Aber, zurück: Mir wird „Alles gut?“ oft quer über die Straße zugerufen, zum Beispiel an unserem örtlichen Supermarkt. Ich weiß, dass es total lieb gemeint ist – und ich werte die Situation dann auch als Austausch von nett gemeinten Höflichkeiten, aber…würde ich tatsächlich antworten: „Nein, nichts ist gut?“, wenn alles grad unterirdisch Kacke ist?  Nein, eher nicht. Dafür antworte ich immer brav, weil ich mir dann eben auch nicht so gerne in die Karten gucken lasse, wie folgt: „JA, alles gut. Und selbst?“ Dann höre ich: „Ja!“ Und das Gespräch ist schon beendet. Auch doof, oder?

Nicht immer ist alles gut!

Was ich verstärkt erlebe, sind Gespräche, die ungefähr so ablaufen: „Ich bin total im Eimer, meine Kinder schlafen seit Monaten nicht. Ich komme an meine Kraftreserven. Ich vermisse meine Familie und Freund*innen und im Job läuft es durchs Homeoffice so gar nicht rund. Aber: sonst alles gut. Echt! Ich habe ja nichts auszustehen.“ Huch? Hä! What? Nein, nichts ist gut. Denn das klingt nicht gut. Immer wieder erlebe ich, dass Menschen in meinem Umfeld ihre Situation beschwichtigen, relativieren oder mit diesem „alles gut“ abwiegeln. Fühlt sich an wie eine Wort-Tischdecke, die wir galant drüberlegen. Um nicht zu jammern. Und es unter der Oberfläche weiter brodeln zu lassen. Aber hey: auch das vermeintliche „Jammern“ ist Okay! Es ist nicht immer alles amazing, fantastic, awesome, mega oder DAUMEN HOCH! Warum auch? Das Leben lebt. Und wir mit!

Der Joghurt klebte überall. Nichts war gut!

Es gab übrigens zwei Momente, in denen mir die Floskel voll um die Ohren flog. Der eine: ein Kunde antwortete auf meine rhetorische Frage „Alles gut?“ mit „Sorry, ich hasse diese Floskel.“ Ich so: huch. Ups. Und der zweite, neulich erst: Ich hörte es in der Küche scheppern. Meiner Tochter ist der Teller aus der Hand geflogen. Ich rief aus dem Schlafzimmer, ohne zu wissen, was genau passiert war: „Alles gut, nichts passiert!“ Und erntete ein: „NICHTS IST GUT, MAMA. Es ist was passiert.“ Ja, der Joghurt klebte an der Küchenzeile – und an ihr. Und mit ihm die Tatsache, dass eben nicht immer alles gut ist!

Übrigens: Ich habe mir vorgenommen, die Floskel zu streichen. Und falls sie mir entwischt, zahle ich einen Euro ins Phrasenschwein. Geld, das ich zusätzlich ans SOS-Kinderdorf spende! Noch jemand dabei?


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