Medizin für alle

Impfen: „Ich bin dankbar für diese medizinische Errungenschaft.“

Unsere Gynäkologin Dr. med. Judith Bildau nimmt Stellung!

von
Dr. med. Judith Bildau

Impfen – nur wenige Themen erhitzen die Gemüter wie dieses. Wir werfen einen medizinischen Blick drauf!

Es hat sich ein tiefer Graben gebildet zwischen Impfbefürwortern und Impfgegnern. Die Diskussion und der Austausch diesbezüglich ist sehr emotional geworden. Nun hat das Thema zu einer neuen Brisanz gefunden, denn: Die Zahl der Maserninfektion steigt. Und zwar nicht zu knapp. Somit wird wieder lauter diskutiert. Unser Gesundheitsminister denkt öffentlich über eine Impfpflicht nach.

Impfen: deutsche Schule fordert offizielle Bescheinigung

Wie viele von euch wissen, lebe ich seit einiger Zeit in Italien. Hier besteht die Impfpflicht seit 2017. Das bedeutet, dass Kinder unter 17 Jahren gegen zehn Krankheiten geimpft sein müssen, darunter Masern, Keuchhusten, Windpocken, Mumps und Röteln. Für uns hieß das, dass wir gemeinsam mit den Impfpässen im römischen Gesundheitsamt vorstellig werden mussten, dort alle Impfungen sehr genau geprüft wurden und uns letztendlich eine Bescheinigung ausgestellt wurde, die es den Mädchen ermöglichte, Schule und Kindergarten zu besuchen.

Diese Vorstellung im Gesundheitsamt ist nicht mehr flächendeckend Pflicht. Die italienische Regierung hat im letzten Jahr angeordnet, dass auch eine Selbstauskunft der Eltern ausreicht. Unsere Schule fordert aber noch eine offizielle Bescheinigung. Diesbezüglich gab es keine Probleme, denn meine Kinder sind geimpft.

Impfen: Ich gehöre zu dem Befürworterinnen

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Dr. med. Judith Bildau, Gynäkologin & Autorin// Credit: Sabina Radtke

Denn ich gehöre zu den Impfbefürworterinnen. Ganz klar. Weitere Länder mit Impfpflicht sind unter anderem Frankreich, Griechenland, Polen und Kroatien. Doch wie kommt es dazu, dass Impfungen staatlich angeordnet werden? Im Falle von Italien führte ein Masernausbruch dazu. Die Impfrate war unter 95% gefallen. Laut WHO wird jedoch eine Impfrate von mindestens 95% benötigt, um eine Epidemie verhindern zu können. Im Jahr 2017 erkrankten in Italien mehr als 5000 Menschen an Masern, sechs Todesfälle traten unter der Infektion auf. Seit der Einführung der Impfpflicht gelten wieder 91,7% aller Babys statt 87,3% wie im Jahre 2016 als geimpft (1).

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Laut UNICEF gibt es ein Problem mit Falschinformationen

UNICEF schlägt mittlerweile Alarm. 98 Länder verzeichnen einen Anstieg der Maserninfektionen. Neue und gefährliche Ausbrüche der Erkrankungen werden gemeldet. Allein in der Ukraine infizierten sich in den ersten zwei Monaten diesen Jahres 24.042 Menschen. Und hierbei handelt es sich nur um die gemeldeten Fälle. Laut UNICEF gibt es verschiedene Gründe für diese steigenden Zahlen. In einigen Ländern ist es ein schwaches Gesundheitssystem, eine unzureichende Aufmerksamkeit der Kommunen, politische Konflikte und Instabilität, aber eben auch Informationsdefizite und Impfskepsis. Es gäbe ein großes Problem mit Falschinformationen, Misstrauen und Gleichgültigkeit. Weltweit unterstützt UNICEF deshalb Impfkampagnen in Schulen und Kliniken, um Aufklärungsarbeit zu leisten (2).

Gegen das Impfen: Die Argumente von Eltern in Deutschland

Doch was ist mit uns? Warum entscheiden sich in Deutschland immer mehr Eltern gegen die Impfung ihrer Kinder? Ganz objektiv kann dies ja nicht an einem schwachen Gesundheitssystem oder politischen Konflikten liegen. Ich habe mich umgehört. Die Begründungen reichen von Verschwörungstheorien gegenüber der geldgierigen Pharmaindustrie bis hin zu Behauptungen, dass ungeimpfte Kinder und Menschen gesünder wären als geimpfte. Ein weiteres Argument, das angeführt wird, ist, dass es mal eine Studie gegeben habe, in der gezeigt worden sei, dass eine Masernimpfung die Entstehung von Autismus oder anderen chronischen Erkrankungen fördere. Ich staune darüber ehrlicherweise. Und ich möchte Stellung dazu beziehen. Wie ihr wisst, bin ich Medizinerin. Ich habe ein großes Vertrauen in die Wissenschaft, in wissenschaftlich fundierte Studien und in die medizinische Arbeit. Verschwörungstheorien bezüglich der Pharmaindustrie prallen an mir ab. Ich möchte nicht die Augen davor verschließen, dass die Pharmaindustrie durchaus wirtschaftliche Interessen hat.

Daten entpuppten sich als Fälschung!

Dennoch ist der Verkauf von Impfstoffen ein Nischenmarkt der Pharmakonzerne. Insgesamt machten Impfstoffe im Jahre 2011 nur 3,58 Prozent der gesetzlichen Krankenkassenausgaben für Arzneimittel in Deutschland aus (3). Es gibt nachgewiesenermaßen keine Studie, die in irgendeiner Art und Weise belegen kann, dass umgeimpfte Menschen gesünder sind als geimpfte. Auch nicht, dass durchgemachte schwere Infektionen das Immunsystem stärken.

Die Behauptung, dass eine Masernimpfung die Entstehung von Autismus fördert, ist mittlerweile weltweit widerlegt worden. Im Jahre 1998 veröffentlichte das Forscherteam rund um A. J.Wakefield im renommierten Magazin ‚Lancet‘ eine Untersuchung, die dies zunächst belegte. Letztendlich entpuppten sich die Daten als Fälschung, Wakefield musste sich vor Gericht dafür verantworten und die Studie wurde zurückgezogen. Weitere durchgeführte Studien mit dieser Fragestellung konnten nie einen Zusammenhang zwischen einer Masernimpfung und Autismus finden. Auch konnte widerlegt werden, dass Erkrankungen wie Asthma, Multiple Sklerose, Diabetes oder Morbus Crohn in Verbindung mit der Impfung stehen (4).

Impfen: Ich bin dankbar für die Errungenschaft der Medizin

Für mich als Mutter, als Ärztin, sind sinnvoll eingesetzte Impfungen ein Segen. Ich bin dankbar für diese medizinische Errungenschaft. Für meine Kinder und alle Kinder und Menschen dieser Welt. Es gibt Impfnebenwirkungen, es gibt auch Impfschäden. Allerdings sind schwere Komplikationen -nachgewiesenermaßen- extrem selten. Genaue Zahlen sind auf der Seite des Robert-Koch-Instituts nachzulesen. Laut RKI erleidet etwa 1 von 1000 Kindern, das an Masern erkrankt ist, eine schwere Entzündung des Gehirns, eine Masern-Enzephalitis. Dies kann zu schweren Hirnschäden und auch dem Tod führen. Eine Enzephalitis durch eine Impfung kommt tausendmal seltener vor, nämlich in einem von 1 Mio. Fällen.

Liebe Leser*innen: Lasst uns im Austausch bleiben.

Lasst uns diskutieren, lasst uns sprechen, lasst uns in den Austausch gehen. Ich freue mich über alle Kommentare und Nachrichten. Eine Bitte habe ich dennoch: Lasst uns auch bei diesem emotionalen Thema fair und sachlich bleiben! Ich denke, wir wollen alle nur das beste für unsere Kinder, das ist völlig klar. Ich impfe, ich stehe dafür ein, als Mutter und als Ärztin. Mit bestem Wissen und Gewissen. Und mit dem Gefühl, damit auch andere Kinder und Menschen schützen zu können.

Quellen:
(1) Italien weicht umstrittene Impfpflicht auf. Deutsches Ärzteblatt online, Freitag, 06.07.20018. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/96286/Italien-weicht-umstrittene-
Impfpflicht-auf
(2) Alarmierender Anstieg von Maserninfektionen. UNICEF online, Freitag, 01.03.2019.
https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2019/masern-anstieg/187286
(3) Die größten Mythen über das Impfen. Wirtschaftswoche online. 11.11.2013
https://www.wiwo.de/technologie/forschung/masernfaelle-in-deutschland-steigen-ein-milliardengeschaeft-fuer-die-pharmaindustrie/8518574-4.html
(4) Demicheli et al. Vaccines for measles, mumps and rubella in children. Cochrane Database Syst.Rev., 2012. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22336803


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