Erziehung

Bedürfnisorientierte Elternschaft: Nora Imlau im Talk!

von
Dorothee Dahinden

Was ist bedürfnisorientierte Elternschaft eigentlich genau? Was brauchen wir und was unsere Kinder? Nora Imlau mit Antworten.

Familienspeakerin Nora Imlau über die bedürfnisorientierte Elternschaft: 

„Ich bin davon überzeugt, dass wir Menschen im Grunde genommen alle dieselben Bedürfnisse haben.“

Nora, ich bin ganz ehrlich. Bei dem Wort „bedürfnisorientiert“ habe ich in letzter Zeit gedacht: Irgendwie hängt mir das zum Hals raus. Ich habe manchmal das Gefühl: In der Diskussion geht es nur um die Kinder und nicht um mich (als Mutter). Kannst du diese Gedanken nachvollziehen? 

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Familienspeakerin & Journalistin Nora Imlau Credit: Nora Imlau

Ich kann das total nachvollziehen, wie dieser Eindruck entstehen kann. Es ist ja so, dass diese bedürfnisorientiere Bewegung noch relativ jung ist in Deutschland. Und die ist so aus den USA nach Deutschland geschwappt. Und so im Zuge des – kulturellen Verschiebens sozusagen – sind manche Dinge aus meiner Sicht auch nicht so richtig mittransportiert worden.

Also, die bindungsorientierte und bedürfnisorientierte Elternschaft, die ja auf das amerikanische Attachment Parenting zurückgeht, hatte eben von Anfang an auch ganz klar dieses Element dabei: „Balance“ & „Boundaries“, also eine Balance der Bedürfnisse, eine gesunde Balance elterlicher und kindlicher Bedürfnisse und klare Grenzen.

Bedürfnisorientierte Elternschaft in Deutschland: Bei uns ist nur Stillen, Tragen, Familienbett angekommen.

Und in Deutschland ist davon oft nur angekommen: Stillen, Tragen, Familienbett. So viel wie das Kind will. Wie es den Eltern dabei geht, ist dabei eigentlich relativ egal, denn diese kindlichen Bedürfnisse sind eben nicht verhandelbar. Ich glaube, dass das wirklich ein Missverständnis ist und dass das natürlich auch ein Problem darstellt, denn: Wenn Familien dann so einen Weg gehen und dann in so einer Erschöpfungsfalle landen und zu dem Schluss kommen: Bedürfnisorientierte Elternschaft funktioniert nicht, es macht alle fertig. Dann bringt das eine eigentlich sehr sehr gute Idee in Verruf.

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Wie ist denn dein Bild von einer bedürfnisorientierten Elternschaft? 

Ich übersetze bedürfnisorientierte Elternschaft für mich immer als eine Haltung konsequenter Fürsorge für meine Kinder und deren Bedürfnisse und für mich und meine Bedürfnisse. Und diese Bedürfnisse müssen sich sozusagen in einer Waage halten.

Wir haben alle die gleichen Bedürfnisse.

Ich bin davon überzeugt, dass wir Menschen im Grunde genommen alle dieselben Bedürfnisse haben. Wir alle sehnen uns einerseits nach Geborgenheit, Anerkennug, Sicherheit und Nähe. Wir sehen uns aber auch nach Selbstbestimmtheit, Autonomie und Freiheit und es gibt noch ein paar andere Bedürfnisse, die wir auch alle teilen. Ob wir drei Wochen alt sind oder 30 Jahre. Und natürlich äußern sich diese Bedürfnisse auf unterschiedliche Weisen und wir brauchen unterschiedliche Strategien, die haben wir auch in unserem Leben entwickelt, um die sozusagen zu erfüllen.

Aber ich glaube, wenn wir uns daran erinnern, dass wir im Grunde genommen alle die gleichen Bedürfnisse haben, dann können wir auch in einem Familienleben dahin kommen, eine Balance herzustellen. Wo dann wirklich jeder gesehen wird in seinen Bedürfnissen und alle sozusagen zu ihrem Recht kommen. Wo alle Menschen gleichwertig nebeneinander stehen und jeden Tag aufs Neue versucht wird, ein bestmögliches Miteinander zu gestalten.

Die verschiedenen Bedürfnisse sind universal.

Was sind denn die Bedürfnisse, die Eltern und Kinder eigentlich teilen?

(lacht) Naja, das sind im Prinzip diese neun Grundbedürfnisse, die Rosenberg festgestellt hat, die alle Menschen haben.

Alle Menschen haben das Bedürfnis nach körperlicher Sicherheit, nach Geborgenheit und Nähe, aber auch nach Spiel und Spaß und Erholungszeiten. Alle Menschen haben das Bedürfnis nach Anerkennung und einen Sinn im Leben zu erfahren. Freiheit und Selbstbestimmung sind wichtige Werte. Auch Kreativität, kreativ sein, selbstwirksam sein. Es gibt da verschiedene Bedürfnisse und die sind tatsächlich universal.

„Es gab eine Zeit, wo ich gemerkt habe: Meine Lunte ist wirklich sehr kurz.“

Wir Mütter kommen an unsere Grenzen – das kenne ich nicht nur, das erfahre ich in vielen Gesprächen. Der wenige Schlaf, die Müdigkeit, fordert – gepaart mit anderen Faktoren – immer wieder seinen Tribut. Kennst du das eigentlich auch, dass es mal so Punkte gibt, wo auch bei dir die Lunte kurz ist? Wo auch du mal explodierst, so wie ich, oder bist du eher so eine Mutter, die sehr sehr gelassen bleiben kann. Auch in Stresssituationen?

(lacht). Also: Ich bin ein Mensch, kein Roboter. Natürlich bin ich manchmal gestresst. Natürlich bin ich auch mal genervt oder habe einen unfreundlicheren Ton oder werde laut, weil ich auch mal am Ende meiner Kräfte bin. Das finde ich auch ganz normal.

Was ich schon sagen kann – ich bin ja jetzt schon seit fast 12 Jahren Mutter, also schon eine ganze Zeit – dass ich wirklich durch unterschiedliche Phasen gegangen bin.

bedürfnisorientierte Elternschaft
Credit: Nora Imlau

Es gab eine Zeit, wo ich gemerkt habe: Meine Lunte ist wirklich sehr kurz, ich fange sehr schnell an zu meckern.  Das hat mich natürlich durchaus auch in Gewissenskonflikte gestürzt. Weil ich dachte: Ich vertrete immer überall diese bedürfnisorientierte Elternschaft und ich kriege es  selber zuhause nicht mal mehr hin, einen Nachmittag mit meinen Kindern zu verbringen, ohne irgendwann rumzuschreien. Und dann habe ich schon für mich gedacht: Okay, ich muss neue Strategien finden.

Bedürfnisorientierte Elternschaft im Alltag: Ich entwickle immer wieder neue Strategien für mich finden.

In der Babyzeit musste ich Strategien finden, um mit diesem immensen Nähebedürfnis meiner Kinder umzugehen und trotzdem gut für mich selbst zu sorgen.

Jetzt werden meine Kinder älter, das birgt neue Herausforderungen für mich. Jetzt muss ich wieder neue Strategien entwickeln, wie ich mit eben auch mit diesem Stresslevel umgehen kann. Auch mit dieser Aggressivität, die die Kinder teilweise selber ins Familienleben tragen. Wo sie einen anschreien und was macht man denn dann? Der Impuls ist ja dann einfach zurückzuschreien, wenn man so angeschrien wird „Du bist ´ne blöde Mama!“ – wie reagiert man denn da?

Ich wollte keine engelsweiche Säuselstimme auflegen.

Und ich wusste schnell: Ich möchte authentisch bleiben. Also, dann einfach so eine engelsweiche Säuselstimme aufzulegen und zu sagen – „Ja, mein Schatz, alles ist gut.“ – das hätte sich nicht authentisch und auch nicht bedürfnisorientiert angefühlt, sondern einfach nur nach einer geschauspielerten Rolle. Das wollte ich auf keinen Fall.

Was mein Weg dann war, war tatsächlich zu sagen: Ich muss da sozusagen an den Kern gehen. Was rührt mich da so an? Warum kann ich damit so schlecht umgehen, wenn meine Kinder so aggressiv sind. Ich hatte dann auch mal versucht, dann so eine Nichtmecker-Challenge zu machen. Und ich bin an Tag 2 gescheitert. Weil ich einfach gemerkt habe: Ich kann mir das noch so sehr vornehmen, wenn ich in diesen Punkt berührt bin, dass mir jemand das Gefühl gibt, ich werde hier respektlos behandelt, dann … dann … dann sehe ich rot.

Wie kann ich aus dieser Wutspirale aussteigen?

Und dann habe ich für mich gedacht: Okay, das ist nicht die Verantwortung von meinem Kind, das mir da gegenübersitzt und vier Jahre alt ist. Und grad sauer ist. Sondern: Das muss was mit mir zu tun haben. Und ich habe dann ganz ganz viel mich darum gekümmert zu sagen: Was sind da auch meine eigenen Themen? Was kann ich tun, um frühzeitig zu erkennen, wenn ich an diesen Punkt komme, dass ich so wütend werde? Und wie kann ich aus dieser Wutspirale dann in gewisser Weise aussteigen?

Mittlerweile ist das für mich tatsächlich eine neue Routine geworden, dass ich praktisch innerlich mich immer wieder frage: Auf einer emotionalen Skala: Bin ich im grünen Bereich, im orangenen, im roten? Und wenn ich merke, ich rutsche grad so in den orangenen Bereich, dann sage ich auch zu meinen Kindern: So, Kinder, ich muss mich jetzt mal einen kleinen Moment um mich selber kümmern und mich mal wieder erden. Danach kann ich auch wieder was mit euch tun.

Selbsfürsorgetechnik: Ich verliere nur noch sehr sehr selten die Kontrolle über mich.

Seit ich da so diese Selbstfürsorgetechniken in gewisser Weise entwickelt habe, über Jahre, bin ich tatsächlich mittlerweile an einem Punkt, wo ich nur noch sehr sehr selten sozusagen die Kontrolle über mich verliere. Sondern, wo ich es wirklich schaffe – in diesem mütterlichen Selbst, in dem ich auch sein will – wo ich eine Haltung einnehme von Freundlichkeit und Wertschätzung meinen Kindern und mir selbst gegenüber.

Und das merke ich jetzt vor allem aber auch im Vergleich. Mein drittes Kind kommt ja jetzt gerade in die Autonomiephase. Und ich empfand das bei meinen ersten beiden Kindern als eine unglaublich herausfordernde Zeit, wo ich auch oft mit den Nerven ziemlich am Ende war. Jetzt merke ich so, wie einfach die Autonomiephase sein kann, wenn man mit sich selber wirklich im Reinen ist. Und wenn man Strategien hat zum Umgang mit der eigenen Wut und der eigenen Verletzlichkeit. Dann ist das eigentlich total schön, diese Autonomiebestrebungen zu begleiten. Das habe ich beim ersten Kind und beim zweiten Kind lange nicht so empfunden.

„Ich bin wirklich überzeugt davon, dass Kinder intuitiv auch spüren, wo unsere wunden Punkte liegen.“

Was ich festgestellt habe: Kinder spiegeln nicht nur das eigene Verhalten wider. Meine Kinder wissen oft, wie es mir geht, bevor ich es selbst weiß. Wie sind da deine Erfahrungen?

Ich bin wirklich überzeugt davon, dass Kinder intuitiv auch spüren, wo unsere wunden Punkte liegen. Wo die Themen liegen, wo wir unsicher sind. Und dass sie uns in gewisser Weise einen Gefallen tun, indem sie uns darauf aufmerksam machen. Aber sie tun es oft auf eine Weise, die für uns sehr unangenehm ist. Also, ob wir wollen oder nicht, als würden wir von unseren Kindern in eine Art Psychotherapie gezwungen, wo ein*e Therapeut*in uns hinweist auf unsere inneren Verletzungen. Und wir müssen uns damit auseinandersetzen, ob wir wollen oder nicht.

Kooperation kann auch bedeuten uns darauf hinzuweisen: hier ist was.

Und für viele Eltern fühlt sich das sehr sehr schlimm an. Als würde wirklich ihr Kind einen Hammer nehmen und jeden einzelnen Tag auf ihre wunden Punkte draufhauen. Und man denkt so: Wie kann das sein? Ich bin so liebevoll zu meinem Kind? Ich wollte es von Anfang an bedürfnisorientiert begleiten und jetzt tut es mir weh. Jeden einzelnen Tag tut das Kind mir weh.

Und dann sich aber klar zu machen: Unsere Kinder wollen mit uns kooperieren. Immer. Aber Kooperation kann auch bedeuten uns darauf hinzuweisen: Hier ist was. Ich spüre, hier ist irgendwas bei meiner Mama, das ist anders als andere Punkte. Und wenn ich zu meiner Mama sage „Du bist eine blöde Mama!“, dann passiert was mit ihr, was sonst nie passiert. Jezt will ich wissen, was dahinter steckt. Und dann probieren die das aus. Wieder und wieder. Was passiert? Warum hat Mama so eine Angst, eine blöde Mama zu sein? Und das ist in gewisser Weise, glaube ich, so eine intrinsische Motivation bei den Kindern zu sagen: Da ist irgendwas. Das spüre ich. Da steckt was dahinter.

Jedes Kind hat für mich eine Lektion mitgebracht.

Und wenn wir das als Chance begreifen und wirklich sagen; Unsere Kinder weisen uns da auf Verletzungen hin, die wir uns mal angucken sollten. Dann kann das eine Chance sein, total zu wachsen. An sich und am Kind. Und dann kann man wirklich nachher sagen: Jedes Kind hat für mich eine Lektion mitgebracht.

Ich habe von meinem ersten Kind gelernt, mit meiner Wut umzugehen und zu verstehen, woher sie kommt. Von meinem zweiten Kind habe ich Geduld gelernt. Außerdem habe ich gelernt, dass man manchmal Zeit verlieren muss, um Zeit zu gewinnen. Mein dritter Sohn, da bin ich mir sicher, hält nochmal eine neue Lektion bereit.

Bei uns steht ja schon dieses Bild der „perfekten Mutter“ im Raum, das mit dem Anspruch einhergeht: Ich möchte arbeiten. Einen perfekten Haushalt führen. Einen tollen Job, dazu eine „gute Mutter“ sein.  Ganz ehrlich, Nora. Ich scheitere daran.

Hmmm. Ich auch…

Eltern unter Druck.

Ist das sowas, was bei uns in der Generation irgendwie grad vorhanden ist, also zu sagen: Ich möchte die perfekte Frau, Mutter, Freundin, Sportlerin sein. Also…Kennst du das irgendwoher?

Total. Ja. Ich glaube, wir sind eine Generation, die auch sehr stark auf Selbstoptimierung ausgelegt ist. Also, ich sehe das immer bei meinem Mann, der hat so verschiedene Business-Magazine zuhause rumliegen – und da steht drin: „Wie sie ihre Zeit noch effizienter nutzen. Sie könnten ja die drei Minuten, die sie in der Küche stehen und ihren Kaffee trinken, ja auch noch nutzen, um noch Sportübungen zu machen.“ Das ist so ein Wahn im Moment, dass man so denkt: Durch absolut effektives Zeitmanagement kann man so das Maximum in ein einzelnes Leben reinquetschen.

Und ich halte das für keinen Zufall, dass in diesem Zeitalter der Selbstoptimierung auch die Zahl der Burnout-Kranken ganz stark nach oben geht, weil uns einfach diese Ruhe, dieser Müßiggang, dieses einen Gang runterschalten, total fehlt.

Das ist, glaube ich, ein gesellschaftliches Thema, nicht nur in der Elternschaft. Aber das spiegelt sich auch in der Elternschaft wider.

Es ist eine kolossale Überforderung, in die viele da hineinsteuern.

Wir haben bei der Zeitschrift Eltern vor ein paar Jahren eine Studie gemacht zum Lebensgefühl junger Eltern. Und die Studie hieß am Ende: Eltern unter Druck. Weil es einfach darum ging, dass das das Hauptphänomen war. Dass wir festgestellt haben in dieser Studie, dass junge Eltern sich mehr unter Druck fühlen denn je. Und zwar von allen Seiten.

Bedürfnisorientierte Elternschaft: Wir brauchen einen Clan im Rücken!

Wie du gesagt hast: Sie haben unglaublich hohe Ansprüche an sich selbst. Höher als jede Generation vor ihnen. Sie haben ganz große Ideale, an denen sie ständig  gefühlt scheitern. Obwohl sie immer versuchen noch besser zu werden. Sie wollen perfekt aussehen, im Job perfekt sein. Sie wollen eine tolle Beziehung führen, Kontakte pflegen, sich gut um ihre alternden Eltern kümmern. Sozusagen: dieses töcherliche Sich-Kümmern-Wollen. Und es ist eine kolossale Überforderung, in die viele da hineinsteuern.

Dann ist das Thema „Burnout bei Mamas“ ja eigentlich auch kein Witz, oder?

Nee. Überhaupt nicht. Meine hochgeschätzte Kollegin Nicola Schmidt hat mal gesagt: Im Attachment Parenting, ohne unterstützenden Clan im Rücken, ist der direkte Weg ins Mütter-Burnout.

Und das würde ich auch wirklich so unterschreiben. Ich bin eine wirklich große Verfechterin bedürfnisorientierter Elternschaft. Aber wir müssen uns klarmachen, dass diese Strategien, die wir damit auch so oft verbinden: das Tragen von Babys, das permantente Stillen, das gemeinsame Schlafen. Dass das Strategien sind, die unseren Vorfahren geholfen haben im Leben mit ihren Kindern. Die auch artgerecht sind für Menschenkinder. Aber die sozusagen vorgesehen waren in einem Clan, in dem mehrere Menschen sich verantwortlich gefühlt haben für ein Kind.

Bedürfnisorientierte Elternschaft und das familiäre Dorf: In einem Clan hatte ein Kind 5 soziale Mütter.

Und wir wissen aus ethnologischen Studien, dass in solchen Clans ein Kind bis zu fünf soziale Mütter hat, die sich alle verantwortlich fühlen  für die Bedürfnisse eines Kindes. Und wenn eine schlafen muss, dann übernimmt die nächste. Inklusive Stillen. Und wenn wir uns das klarmachen, dass das sozusagen artgerecht wäre für Menschen: fünf Erwachsene kümmern sich um ein Kind. Dann ist es kein Wunder, dass, wenn wir Eltern versuchen, diesen sehr körperlichen, sehr zugewandten Umgang mit unseren Kindern zu pflegen. Ohne so einen Clan im Rücken. Im Alleingang. 12 Stunden am Tag. Eine Mutter mit einem Baby. Dass das in die absolute Überforderung ganz schnell führt – das ist überhaupt nicht erstaunlich.

Ich möchte eine „gute Mutter“ sein. Was heißt das eigentlich für dich?

Ich kenne dieses Thema auch. Ich tue mein Bestes und ich möchte nichts lieber als meinen Kindern eine gute Mutter sein und trotzdem frage ich mich immer wieder: Bin ich es auch? Werden meine Kinder später zurückblicken und glücklich sein mit ihrer Kindheit? Und diese Frage kann mir keiner beantworten.

Bedürfnisorientierte Elternschaft: Entscheidend ist letztlich das, was unsere Kinder fühlen.

Was ich feststelle ist, dass sehr viele Frauen diese Frage umtreibt. Und dass das dann auch dazu führt, dass alle meinen sich das dann gegenseitig aussprechen zu müssen. Dass es dann ganz viele Blogbeiträge gibt: „Warum jede Mutter eine gute Mutter ist.“ – und ich kann dieses Bedürfnis dahinter auch verstehen und gleichzeitig denke ich immer so: Letztlich können wir uns das gegenseitig spiegeln. Jeder macht, was er kann. Das finde ich auch. Aber entscheidend ist letztlich das, was unsere Kinder fühlen. Was bei unseren Kindern ankommt. Jetzt und auch in Zukunft.

Und wenn mir eine Bloggerin sagt: „Jede kann eine gute Mutter sein“ – ja, trotzdem gibt es erwachsene Menschen, die dann sagen: „Meine Mutter habe ich nicht so erlebt, wie ich es mir gewünscht habe.“ Das ist auch ein bisschen ein beängstigender Gedanke, denn es kann auch sein, dass meine Kinder später auch mal sagen: „Du warst uns zu kümmernd. Du warst uns zu zuzugewandt. Du hast uns nichts zugemutet.“ Das kann ja alles sein.

Man kann in den Gesichtern von Kindern so viel ablesen. Und manchmal ist das auch schmerzhaft.

Aber ich denke: Wenn letztlich für die Frage „Bin ich eine gute Mutter oder nicht?“ nicht die Gesellschaft entscheidend ist oder das, was andere Menschen denken, sondern wenn es letztendlich eine persönliche Frage ist zwischen mir und meinen Kindern, dann muss ich auf der Suche nach Antworten auch bei meinen Kindern anfangen. Und muss sie angucken. Auch im Hier und Jetzt. Und schauen: Sehen meine Kinder aus, als würde es ihnen gut gehen? Und das ist eine ganz ehrlich gemeinte Frage.

Man kann in den Gesichtern von Kindern so viel ablesen. Und manchmal ist das auch schmerzhaft. Ich habe manches Mal schon in die Gesichter meiner Kinder geschaut und gedacht: „Denen geht es jetzt nicht gut.“ Und dann bin ich auch mit dreijährigen oder mit fünfjährigen oder mit achtjährigen Kindern ins Gespräch gegangen. Auf Augenhöhe, wie mit einem Erwachsenen: „Geht es dir in unsere Beziehung grad nicht gut? Fehlt dir was?“

Und dann war das manchmal auch ganz erstaunlich, dass sie dann auch etwas formuliert haben, was ihnen jetzt wichtig wäre, was ich jetzt überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Und gleichzeitig andere Dinge, wo ich dachte, die wären unglaublich wichtig für sie… waren gar nicht so wichtig für sie.

„Was brauchst du von mir als Mutter?“ 

Und ich glaube, dass wir tatsächlich mit unseren Kindern jetzt schon in einem Dialog sein können: „Was brauchst du von mir als Mutter?“ Und ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass meine drei Kinder, die alle sehr unterschiedlich sind, auch eine ganz unterschiedliche Mutter brauchen. Jedes braucht seine eigene gute Mutter.

Manchmal schaffe ich es nicht, für jedes Kind diese „gute Mutter“ zu sein. Aber ich glaube auch, dass es auch wertvoll sein kann, den Kindern gegenüber immer wieder das Gespräch zu suchen und zu sagen:

„Ich versuche dir die Mutter zu sein, die ich sein kann.“ Aber auch zu benennen: „Ich wäre heute gerne geduldiger gewesen. Ich wäre heute gerne für dich da gewesen in diesen Punkten. Mir war bewusst, dass du es gebraucht hättest. Ich konnte es heute nicht leisten. Aber ich versuche es morgen wieder.“

Und glaube: Das ist alles, was wir tun können. Und ich glaube, wenn wir unseren Kindern vorleben, dass sie nicht perfekt sein müssen und sich unsere Beziehung sozusagen immer wandeln kann, dann hoffe ich, dass sie auch, wenn sie mal Erwachsen sind und zurückblicken und manche Dinge auch kritisch betrachten, dass wir dann in einer Beziehung zueinander stehen, wo wir dann auch, wenn wir beide erwachsen sind, uns gegenüber sitzen können und sagen:

Wir können immer an uns arbeiten!

„OK, wenn da was nicht gut war, ich kann dir immer noch eine gute Mutter sein. Das ist ja nicht vorbei. Wir können ja immer noch an der Beziehung arbeiten. Auch jetzt noch.“


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♥ Über das Thema „bedürfnisorientierte Elternschaft“ haben wir mit Nora auch in unserem Podcast „HEY Familie“ gesprochen (Eigenwerbung*). Hier geht es zur Folge mit dem Titel „Wie gelingt Familie eigentlich entspannt? Der Talk mit Familienspeakerin Nora Imlau“ (hier bei Apple Podcasts, du findest den Podcast aber auf allen gängigen Podcast-Kanälen.

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