Weltschmerz: Wie wir die Hoffnung trotzdem behalten!
Mit Psychologin Nisrine Aydin & Moderatorin Milka Loff Fernandes

Wie können wir Hoffnung bewahren, wenn die Welt scheinbar „verrückt spielt“? Was ist Hoffnung genau? Und: Können wir das Hoffen mental trainieren?
In diesem Artikel bekommt ihr: Impulse von Moderatorin & Speakerin Milka Loff Fernandes, Wissen von unserer Psychologin Nisrine Aydin & Gedanken von Herausgeberin Dorothee Dahinden.
„Die Hoffnung stirbt zuletzt?“
Es gibt ja so einige Redewendungen bei uns, die hoffen lassen bzw. das Wort „Hoffnung“ beinhalten. Zum Beispiel: „Die Hoffnung nicht aufgeben“, „Guter Hoffnung sein“ oder „Jemandem (keine) Hoffnung machen“. Die Hoffnung scheint also etwas zu sein, was quasi in uns drin steckt. Etwas urmenschliches. Wir hoffen uns also im Alltag oft einen zurecht.

Manchmal vielleicht sogar, wenn wir innerlich schon ahnen, dass etwas nicht so läuft, wie wir es uns wünschen würden. Wir bekommen zum Beispiel einen Job nicht, verlieren ihn, obwohl wir doch gehofft hatten, dass es gut ausgeht. Wir hoffen inständig, dass die Inflation unser Geld nicht frisst und der Einkauf wieder günstiger wird – und zurück bleibt Ebbe auf dem Konto.
Oder wir hoffen darauf, dass die Verwandtschaft sich zügelt und beim nächsten Familienbesuch nicht an unseren Kindern rumerzieht – Fehlanzeige. Oder wir hoffen, dass unsere Partnerschaft nicht zerbricht – und bleiben vielleicht enttäuscht mit gebrochenem Herzen zurück. Das Sprichwort „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ mag da etwas zynisch klingen – vor allem, wenn wir uns zuletzt an diesen einen Hoffnungsstrohhalm geklammert haben. Die Leere danach – wie ein Faustschlag in die Magengrube. Möglicherweise breiten sich auch Angst und Traurigkeit aus. Hoffnung? Das war dann vielleicht etwas von gestern. Die Sorgen übernehmen. Und jetzt?
Multiple Krisen & die Hoffnung
Ich empfinde es grad in diesen Zeiten, in denen sich eine Krise an die nächste reiht, als extrem schwer, die Hoffnung zu bewahren. Sie machen mich sehr müde. Das ist etwas, was ich auch von anderen bestätigt bekomme. Corona, weltweite Kriege und Konflikte, der Ampelbruch, der allgegenwärtige Klimawandel, die Inflation, Hass im Netz, Rassismus, allgemeine Unzufriedenheit, scheinbar weniger Toleranz in der Gesellschaft und damit weniger Miteinander – das ist extrem viel und belastend. Zugegeben: Mein Daumen bewegt sich inzwischen oft langsamer zu meinen Nachrichten- und Social Media-Apps. Kennt ihr das auch? Manchmal möchte ich gar nicht wissen, was passiert – und mich einigeln.
Und, dennoch: Die Hoffnung treibt mich, wie sicherlich viele von uns, schon an. Ansonsten würden wir es, nachdem eine Liebe zerbrochen ist, nie wieder eine neue Partnerschaft eingehen. Wir würden vielleicht den Kinderwunsch nach einer traumatischen Fehlgeburt hinten anschieben – und es nicht wieder versuchen. Oder nie wieder eine Freundschaft schließen, weil wir so enttäuscht wurden.
Milka Loff Fernandes mit Impulsen, die Hoffnung geben!

Aber: Kennt ihr Menschen, die euch Hoffnung geben, auch wenn das Leben grad hoffnungslos erscheint? Für mich ist so ein Mensch meine Freundin & Kollegin Milka Loff Fernandes. Sie findet so oft starke, empowernde und liebevolle Worte – vor allem dann, wenn der Kopf Karussell fährt. Sie steht für mich wie kaum jemand anderes für mental Empowerment. Und weil sie die Frau der Impulse ist, bekommt ihr jetzt – bevor euch unsere Psychologin Nisrine mehr Facts zum Thema gibt – ein paar positive Stupser von unserer Milka:
1. Hoffnung folgt der Aufmerksamkeit.
Wenn dich Social Media stresst. Hier eine Bemerkung dazu. Wie die Sonnenblume sich zum Licht dreht, können wir unseren Algorithmus bewusst auf Positives trainieren. Bleib beim nächsten Katzenvideo ein paar Sekunden länger, verteile extra viele Herzen in den Kommentaren – und dein Feed wird dir mehr davon liefern.
2. Sinn stärkt Resilienz.
C. G. Jung betonte, dass Menschen Krisen besser überstehen, wenn sie einen tieferen Sinn in ihrem Handeln sehen. Frag dich: Was kann ich heute tun, das größer ist als ich selbst? Ein Gespräch führen, einen Beitrag teilen, jemandem helfen – alles zählt.
3. Die Selbstwirksamkeit aktivieren.
Psychologische Studien zeigen: Hoffnung wächst, wenn wir spüren, dass unser Handeln Wirkung hat. Also setz dir erreichbare Ziele. Klein, aber konkret. Heute der Nachbarin mit selbst gebackenem Apfelkuchen eine Freude bereiten – und Schritt für Schritt fühlen, dass du etwas verändern kannst.
Aber: Was ist mit Hoffnung eigentlich gemeint? Können wir Hoffnung üben? Wie gelingt sie in Krisenzeiten? Und: Was hat Hoffnung mit unserer Persönlichkeit zu tun?
Antworten auf diese und weitere Fragen bekommt ihr jetzt von unserer Psychologin Nisrine Aydin. Wie immer wissenschaftlich fundiert, aus dem Herzen – und mit Blick auf die mentale Gesundheit von euch.
„Hoffnung ist jedoch nicht nur ein passives Gefühl, sondern etwas, das aktiv gefördert werden kann.“
Nisrine Aydin, Psychologin
Liebe Nisrine, was ist Hoffnung eigentlich ganz genau? Ist das ein Gefühl, eine Zukunftsvision oder gar eine (politische) Haltung? Kannst du das genauer beschreiben?

Hoffnung beinhaltet die Überzeugung, dass zukünftige Ereignisse positive Wendungen nehmen können, und das Vertrauen, dass wir aktiv dazu beitragen können, diese positiven Veränderungen herbeizuführen. Somit ist Hoffnung nicht nur eine abstrakte Zukunftsvision oder eine (politische) Haltung und weit mehr als ein Gefühl. Hoffnung ist eine dynamische Kombination aus Emotion, Motivation und kognitiven Prozessen.
Zusammengefasst geht es bei Hoffnung nicht nur um ein angenehmes oder positives Gefühl, sondern um eine fundamentale Ressource, die uns hilft, Lebenskrisen zu bewältigen und trotz schwieriger Umstände nach vorne zu blicken. Hoffnung stärkt unser Selbstvertrauen, unsere Resilienz und das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit. Gerade in schwierigen oder unvorhersehbaren Lebenssituationen gibt uns Hoffnung den Anrieb, aktiv nach Lösungen zu suchen und den Glauben an positive Veränderungen aufrechtzuerhalten. Somit trägt Hoffnung maßgeblich dazu bei, dass wir auch in herausfordernden Lebensphasen psychisch und emotional stabil bleiben.
„Hoffnung begleitet uns in vielen Lebensbereichen.“
Wohin bringt uns die Hoffnung in unserer Persönlichkeit? Und inwiefern trägt sie uns auch durchs Leben?
Hoffnung ist ein existenzielles Bedürfnis und eine zentrale Ressource für unsere persönliche Entwicklung sowie für die Bewältigung schwieriger Lebenssituationen. Indem wir Hoffnung aufbauen, fördern wir Eigenschaften wie Selbstvertrauen, Optimismus und Geduld. Dieser innere Antrieb stärkt das Gefühl von Selbstwirksamkeit, also das Vertrauen in unsere Fähigkeit, durch eigenes Handeln positive Ergebnisse zu erzielen und ermöglicht uns, Herausforderungen als kontrollierbar und lösbar zu empfinden.
Zudem dient Hoffnung als psychologischer Schutzfaktor gegen Belastungen wie Stress, Angst und Depression. Menschen, die hoffnungsvoll sind, finden häufig konstruktive Lösungsansätze, selbst in scheinbar aussichtslosen oder unvorhersehbaren Situationen. In solchen Momenten kann die Hoffnung buchstäblich lebensrettend sein, da sie uns den nötigen Antrieb gibt, nicht aufzugeben.
Hoffnung begleitet uns in vielen Lebensbereichen:
♥ Gesundheit: Bei akuten Erkrankungen, Pflegebedürftigkeit oder psychischen Krisen.
♦ Beruf: In Situationen wie Jobsuche, Karrierewechsel oder Konfliktmanagement.
♥ Beziehungen: Innerhalb von Familie, Partnerschaften und Freundschaften.
♦ Gesellschaft & Politik: In Zeiten gesellschaftlicher und politischer Krisen.
♥ Persönliche Entwicklung: Bei der Sinn-Suche, in der Spiritualität oder Religion.
♦ Globale Herausforderungen: Etwa bei Krieg, Pandemien oder gesellschaftlicher Fragmentierung.
Unrealistisches Hoffen kann problematisch werden.
Ist es denn eher gut oder schlecht, immer zu hoffen? Beispiele: Was ist, wenn wir hoffen, dass das nächste Jahr finanziell besser wird, unsere Kinder gesund bleiben, wir niemanden „verlieren“ oder die Klimakrise schon nicht so schlimm werden wird – und wenn wir dann doch von schlechten Nachrichten überrollt werden. Ist Hoffnung dann so gut? Oder ist es dann doch besser, ein Leben ohne große Erwartungen zu führen?
Das ist eine sehr berechtigte Frage. Psychologisch gesehen ist Hoffnung eine wertvolle Ressource, allerdings nur dann, wenn sie realistisch ist und durch aktives Handeln begleitet wird. Hoffnung gibt uns die Kraft, Krisen zu überstehen und trotz Rückschlägen weiterzumachen, was entscheidend für unsere langfristige psychische Stabilität sein kann. Sie stärkt die Motivation, Herausforderungen eigenständig (oder mit Unterstützung – Hilfe zur Selbsthilfe) zu bewältigen und sich nicht passiv dem Schicksal zu ergeben. Studien zeigen auch, dass Hoffnung eng mit Lebenszufriedenheit verbunden ist.
Allerdings kann unrealistisches Hoffen problematisch werden. Wenn Erwartungen immer wieder enttäuscht werden, kann das zu Frustration, emotionalen Belastungen und Resignation führen. Hoffnung ohne Handeln birgt zudem die Gefahr, dass man den Bezug zur Realität verliert und in Passivität verfällt. Deshalb ist es wichtig, Erwartungen auf kontrollierbare Ziele zu stützen. Hoffnung ist dann besonders wertvoll, wenn sie nicht nur aus Wünschen besteht, sondern von konkreten Schritten begleitet wird, um positive Veränderungen aktiv herbeizuführen.
Das lässt Menschen hoffen!
Worauf hoffen die Menschen, denen du beruflich begegnest? Oder andersrum: was lässt sie hoffen?
Hoffnungen sind so vielfältig wie die individuellen Lebenssituationen der Menschen, denen ich begegne. Häufig sind es Menschen, die in belastenden Lebensphasen nach Orientierung, Veränderung und Sinn suchen. Sie hoffen auf Linderung psychischer Symptome, darauf, belastende Verhaltensmuster abzulegen, zwischenmenschliche Beziehungen zu verbessern oder neue Lebensperspektiven und mehr Belastbarkeit zu finden.
Was lässt Menschen hoffen? Zwei Aspekte fallen mir besonders auf:
1. Kleine Fortschritte: Sie stärken den Glauben an langfristige Verbesserungen und machen Veränderungen greifbar.
2. Eine vertrauensvolle Beziehung: Die wertschätzende Verbindung zu Therapeut:innen gibt Halt und Zuversicht.
Wie bereits erwähnt, wird Hoffnung durch das Erleben von Selbstwirksamkeit gestärkt. Greifbare Therapieziele schaffen Orientierung und fördern die Motivation. Auch die Aktivierung vorhandener Ressourcen sowie die Vermittlung von Wissen spielen eine zentrale Rolle beim Wecken und Aufrechterhalten von Hoffnung.
Nisrine erklärt: so kann Hoffnung in Krisenzeiten gelingen.
Wie gelingt Hoffnung in Krisenzeiten? Können wir sie uns tatsächlich auch „erarbeiten“, um mental gesund zu bleiben?
In Krisenzeiten, sei es durch persönliche Schicksalsschläge, Kriege, den Klimawandel, Rassismus oder Naturkatastrophen, kann Hoffnung eine entscheidende Rolle dabei spielen, resilient zu bleiben und die psychische Gesundheit zu bewahren. Hoffnung ist jedoch nicht nur ein passives Gefühl, sondern etwas, das aktiv gefördert werden kann. Wesentliche Schritte sind dabei:
1. Die Realität akzeptieren: Anerkennen, was unveränderbar ist, um die Energie auf das zu lenken, was beeinflusst werden kann.
2. Selbstwirksamkeit erleben: Kleine Erfolge schaffen und erleben, dass das eigene Handeln Wirkung zeigt.
3. Soziale und emotionale Ressourcen stärken: Sich Unterstützung holen und wichtige Beziehungen pflegen.
4. Persönliche Werte reflektieren: Sich auf das Wesentliche im Leben besinnen und daraus Orientierung ziehen.
Diese Prozesse fördern nämlich nicht nur Hoffnung, sondern auch Resilienz und die Fähigkeit, zukünftigen Herausforderungen gestärkt zu begegnen.
Strategien für die Phasen der Hoffnungslosigkeit!
Was ist dein Rat, wenn sich jemand wirklich hoffnungslos fühlt – was kann ich jetzt tun? Was hilft jetzt? Manche machen ja alle Apps aus, um nichts mehr von der Welt mitzubekommen, aber ist das die Lösung? Oder soll ich das Gefühl einfach „annehmen“?
Es gibt keinen universellen Rat, aber viele hilfreiche Ansätze. Zunächst ist wichtig zu betonen: Niemand muss starke negative Gefühle oder anhaltenden Leidensdruck allein aushalten. Wenn Hoffnungslosigkeit langanhaltend ist, begleitet von intensiven negativen Gedanken oder sogar lebensmüden Handlungsimpulsen, sollte unverzüglich professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Falls Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen nicht sofort erreichbar sind, können umliegende Kliniken, der Rettungsdienst, die Polizei oder das Ordnungsamt kontaktiert werden. Lasst euch nach Möglichkeit von vertrauten Personen begleiten.
Weitere hilfreiche Strategien:
1. Gefühle akzeptieren: Hoffnungslosigkeit ist ein verständliches und normales Gefühl in schwierigen Lebenssituationen. Statt es zu unterdrücken, kann es hilfreich sein, dieses Gefühl zuzulassen. Kleine, erreichbare Schritte im Alltag fördern das Gefühl von Selbstwirksamkeit und können langsam eine positive Dynamik schaffen.
2. Soziale Unterstützung suchen: Auch wenn es schwerfällt, sich anderen mitzuteilen, entlastet der Austausch mit vertrauten Personen häufig und bietet neue Perspektiven. Isolation wirkt zwar kurzfristig beruhigend, verstärkt langfristig jedoch das Gefühl von Einsamkeit.
3. Achtsamer Medienkonsum: Ständiger Kontakt mit negativen Nachrichten kann das Gefühl von Hilflosigkeit und Überforderung verschärfen. Medienpausen und bewusste Auswahl von Inhalten helfen, emotionale Grenzen zu wahren.
4. Fokus auf Kontrollierbares: In Krisen fühlen sich viele Dinge unkontrollierbar an. Eine strukturierte Alltagsroutine, auch bei kleinen Tätigkeiten, kann Stabilität schaffen und ein Gefühl von Kontrolle zurückgeben.
Diese Ansätze können helfen, die ersten Schritte aus der Hoffnungslosigkeit zu finden und erinnern uns daran, dass wir selbst in schwierigen Zeiten nicht vollkommen handlungsunfähig sind.
Mehr von Nisrine Aydin:
♥ Website
♦ MutterKutter: „Entspannte Feiertage trotz krasser Erwartungen?“
Vielen Dank für deine wertvollen Tipps, liebe Nisrine!
Tatsächlich helfen mir, Doro, u.a. folgende Dinge, um die Hoffnung zu bewahren: Ich konzentriere mich auf Menschen, die respektvoll, ehrlich, liebevoll und lustig sind. Ich versuche, auch wenn ich traurig bin, zu sehen, dass es mir (persönlich) gut geht. Ich lebe in einem sicheren Land in Freiheit – und bin gesund. Dazu mache ich Sport in einer Gemeinschaft, in der wir uns ständig bestärken und anfeuern anstatt uns gegenseitig runterzuziehen. Und: Manchmal lasse ich mein Handy bewusst liegen. Ich kann nicht die ganze Welt verändern, aber hier vor Ort – und vielleicht gemeinsam mit Nisrine und der gesamten MutterKutter-Crew hier im Netz – versuchen, meinen Mitmenschen ein gutes Gefühl zu geben und ihnen ein Stück Hoffnung und Glauben an sich zu schenken!
Und hier bleibst du bei uns auf dem Laufenden!
Du möchtest erfahren, wenn neue MutterKutter-Artikel online gehen? Dann folge uns doch in den sozialen Medien. MutterKutter findest du auf Instagram und Facebook.
Auf YouTube gibt es immer wieder Filme zu verschiedenen Themen.
Oder möchtest du mehr über uns erfahren? Dann lies gerne unter Crew weiter.