Wir müssen reden!

Corona als Chance? „Wir haben es jetzt selbst in der Hand!“

Ein Plädoyer zur Krise von unserer Bord-Hebamme und 7fachen Mutter Kerstin Lüking.

von
Kerstin Lüking

Können wir Corona als Chance sehen? Unsere Hebamme Kerstin sagt: JA! Ihre Formel: Weniger Gerotze und Müll, dafür mehr Rücksicht.

„Sollen wir wirklich so weitermachen wie bisher?“

von Kerstin Lüking, Hebamme und 7fache Mutter

Zunächst möchte ich dafür plädieren, dass wir alle Ruhe bewahren! Angst und Panik sind nämlich schlechte Begleiter im Leben.

Corona als Chance
Kerstin Lüking, Hebamme und siebenfache Mutter
Foto: Dorothee Dahinden/ MutterKutter

Ich selbst erwische mich natürlich auch immer wieder, kleine Hysterie-Anfälle an den Tag zu legen! Der letzte war erst gestern im Bioladen. Eine Frau, die vor mir am Einpacken ihrer Ware war, natürlich im gebührenden Abstand zu mir, mußte einmal herzhaft niesen. Natürlich nicht in ihre Armbeuge, sondern auf meinen Salat, der schon von der Kassiererin ans Ende des Bandes geschoben worden war. Binnen Sekunden verwandelte ich mich in eine „Hysteria non grata“ und schmetterte einen Vortrag zum Thema Rücksichtnahme und Hygiene in Richtung Ende des Kassenbandes.

Corona als Chance? Lasst uns wieder Rücksicht aufeinander nehmen!

Mit spitzen Fingern und komischem Gefühl trug ich meinen Salat zum Auto.
Auf der Fahrt nach Hause trug sich folgender Dialog zwischen meinem Bauchgefühl und meinem Hirn zu:

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Bauchgefühl: „Igitt, der Salat ist verseucht, der muss sofort entsorgt werden!“
Hirn: „Du bist bekloppt. Der hat 3 € gekostet und wird gegessen!“
Bauchgefühl: „Und wenn wir jetzt alle krank werden?“
Hirn: „Egal, der war teuer!!“

Was habe ich zu Hause gemacht? Natürlich mit staatstragender Miene den Salat an die Mülltonne verfüttert. Mein Bauchgefühl hatte gewonnen, auch wenn es wahrscheinlich großer Quatsch war, zumindest hatte ich meine Angst wieder im Griff. Ich finde, es ist ein Paradebeispiel zum Thema Rücksichtnahme gegenüber anderen. Die Frau vor mir an der Kasse hatte da noch wohl noch ein kleines Defizit aufzuweisen.

Corona als Chance gegen den Turbokapitalismus?

Es sollte doch jetzt jeder, auch im hinterletzten Kaff Deutschlands, verstanden haben, dass man  in die Armbeuge niest. Regelmäßiges Händewaschen wäre auch von Vorteil. Da die Seifenregale jetzt völlig leer sind, gehe ich davon aus, dass die Menschheit vorher Seife gemieden hat. Und wenn man krank ist, bleibt man im Bett und stört nicht andere mit seinem Gehuste. Und dann noch diese Gruppenbildung! Wie die Paviane hocken sie auf unserer Liegewiese am See. Sie kommen immer dann aus dem Gebüsch, wenn keiner guckt und sie sich unbeobachtet fühlen. Die haben einfach den Schuss nicht gehört! Wie schade, denn ausbaden dürfen diesen Wahnsinn in der Regel andere. Ärzte, Krankenschwestern, Hebammen usw., alle sind sie jetzt im unermüdlichen Einsatz für einen Lohn, der eine absolute Witznummer ist und ein Arbeitsaufkommen, was kaum noch befriedigend zu bewältigen ist.

Wir müssen uns arrangieren!

Der Zustand, den wir heute haben, ist das Ergebnis von Turbokapitalismus in der Medizin.
Wir bekommen jetzt die Quittung für das, was über Jahre versäumt worden ist.
Anstelle 10.000 Syrer mit medizinischem Hintergrund zu integrieren und zusätzlich Pflegepersonal auszubilden und ordentlich zu bezahlen, haben wir nun ca. 1.000 zusätzliche Beatmungsgeräte, die keiner bedienen wird können. Der Schaden, den wir jetzt haben, ist weitaus höher als die Summe, die wir zuvor ins Gesundheitssystem hätten investieren können. Auch die Qualität der Geburtshilfe hat deutlich gelitten. Das, was ich vor 20 Jahren noch an Zeit für meine Frauen im Kreißsaal und auf der Wochenbettstation hatte, wird heute im Schnellverfahren von meinen überlasteten Klinik-Kolleginnen „durchgehechelt“. Am Ende des Tages fühlen sich alle reif für die Klapse.

Ein nettes Wort hilft mehr als diese Bürokratie!

Eine meiner Kolleginnen erzählte mir vor ein paar Tagen, dass sie seit 6 Wochen kein vernünftiges Wort mehr mit ihren eigenen Kindern gesprochen hat. Sie sei so erschöpft, dass sie zu Hause nur noch rumbrüllen und ihr unendlich leid tun würde. Ich selbst habe kein Verständnis, was den ganzen Papierkram angeht. Muss man heute wirklich für ein und denselben Vorgang 4 mal händisch einen Zettel ausfüllen? Könnte man das ganze nicht von der Anmeldung bis zur Entlassung digitalisieren und das gesamte Personal hätte Zugriff darauf? Was könnte für Zeit gespart und diese dem Patienten gewidmet werden. Ein nettes Wort, ein wenig Trost und Zuneigung hilft manchmal mehr als eine Tablette.

Nun ist die Situation so, wie sie ist und wir müssen uns damit arrangieren. Es gibt Vorschriften, an die wir uns alle halten werden, damit der Wahnsinn bald ein Ende hat.

Corona als Chance: Können und wollen wir nicht einfach mal mit dem zufrieden sein, was wir haben?

Vielleicht sollten wir den aktuellen Anlass dazu nutzen, unser eigenes Tun und Handeln zu hinterfragen. Sollen wir wirklich so weitermachen wie bisher? Sollen wir wirklich weiterhin kein Geld in die Medizin investieren, um darauf zu hoffen, dass wir  es schaffen, eine Erkrankung in die Länge zu ziehen, damit wir der Behandlung und Anzahl von Patienten gerecht werden und nicht über Leben oder Tot entscheiden müssen?

Wollen wir weiterhin unsere Erde runterwirtschaften und sie mit unserem Plastik zumüllen. Können und wollen wir nicht einfach mal mit dem zufrieden sein, was wir haben? Müssen wir tatsächlich ständig aufs Knöpfchen drücken, um unserer Konsumgeilheit zu frönen? Vielleicht wäre es auch angebracht, mal über unsere eigene Gesundheit und ihrer Erhaltung nachzudenken. Muss man immer fressen, saufen und rauchen, bis der Arzt helfen muss? Könnten vielleicht alle mal mehr auf Hygiene achten? Muss ständig und überall auf die Straße gerotzt und in die U-Bahn gekotzt werden?

Veränderungen annehmen: Lasst es uns für die Gesundheit von uns allen tun!

Ich sehe diese Situation als Chance für Veränderungen. Wir haben jetzt alle eine Zwangspause aufgebrummt bekommen, die wir dringend benötigt haben, um uns zu überdenken. Alle! Auch wir als Großfamilie überlegen, wie wir den Leerlauf sinnvoll für uns nutzen können. Wir kommen am Tagesende immer wieder zur Erkenntnis, dass wir Zeit und gute Worte füreinander brauchen. Dass der eine für den anderen da sein muss, damit der Laden funktioniert. Und dass jeder in unserer Familie wichtig ist und seinen Platz hat. Dass uns der Konsum mal kreuzweise kann und wir mit dem, was wir haben zufrieden sein sollten. Ich wünsche jedem, dass jeder für sich eine Erkenntnis aus der Krise ziehen kann und wir in ein paar Wochen dazugelernt haben werden.

Es ist eine Chance für Veränderungen, wir haben es jetzt selbst in der Hand! Bleibt gesund!

Corona als Chance

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