Frauenheilkunde

Vorzeitige Wechseljahre: „Die Diagnose hat mich ganz schön aus den Socken gehauen.“

Unsere Judith klärt über das wichtige Thema auf!

von
Dr. med. Judith Bildau

Vorzeitige Wechseljahre: Was heißt das genau? Welche Symptome gibt es? Unsere Frauenärztin Judith im Gespräch mit einer betroffenen Mama.

Vorzeitige Wechseljahre – wenn sich aus heiterem Himmel plötzlich alles ändert

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Dr. Judith Bildau, Frauenärztin & MutterKutter-Crewmitglied

Es passiert gar nicht so selten, dass junge Frauen vor mir in der Praxis sitzen und völlig verzweifelt sind. Sie sind noch keine 40 und berichten, dass sie schlecht schlafen können, nachts aufwachen und schweißgebadet sind. Die Hitze überfällt sie auch manchmal tagsüber. Sie fühlen sich insgesamt unruhiger, dünnhäutiger und wissen eigentlich gar nicht, wieso. Der Zyklus hat sich verlängert; manchmal kommt monatelang keine Blutung, dann dafür eine so starke, dass sie kaum aus dem Haus gehen mögen.

Vorzeitige Wechseljahre: „„Ist das überhaupt möglich? Ich bin doch gerade erst 38 geworden!“

Wenn ich mich nicht irgendwie viel zu jung dafür finden würde, würde ich glauben, ich stecke in den Wechseljahren! Zumindest sind sie mir genauso immer wieder beschrieben worden“, sagte neulich eine Patientin zu mir. Als ich nicht sofort widerspreche, schaut sie mich erstaunt an. „Ist das überhaupt möglich? Ich bin doch gerade erst 38 geworden!“

Bei dieser Patientin konnte ich im weiteren Verlauf tatsächlich die Diagnose „vorzeitige Wechseljahre“ stellen. Nach und nach blieb ihre Periodenblutung komplett aus. Eine Blutuntersuchung zeigte dann sehr deutlich, dass die Werte ihrer weiblichen Hormone sehr niedrig waren. Die Funktion ihrer Eierstöcke war bereits erloschen. Beschwerden, wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Abgeschlagenheit begleiteten sie immer noch. Obwohl meine Patientin einerseits erleichtert war, eine Diagnose für ihr Leiden zu haben, wollte sie andererseits verstehen, warum sie mit so jungen Jahren bereits in die Wechseljahre eingetreten war. Keiner Frau innerhalb ihrer Familie war es so ergangen; auch ihre Mutter hörte erst mit knapp Mitte 50 auf zu bluten und hatte keinerlei Beschwerden.

Wie kommt es dazu, dass der Wechsel so früh kommt?

Ein paar Definitionen und Daten vorneweg: Von „vorzeitigen Wechseljahren“ spricht man, wenn sich Aktivität der Eierstöcke bereits vor dem 40.Lebensjahr einstellt und die Frau keinen Zyklus, das heißt keine Menstruationsblutung, mehr hat. Davon sind in Deutschland etwa 1% aller Frauen betroffen. Häufig sind genetische Faktoren für das verfrühte Eintreten in die Wechseljahre verantwortlich, gar nicht so selten lässt sich allerdings auch keine eindeutige Ursache dafür ausmachen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Rauchen, sowie Operationen an den inneren weiblichen Geschlechtsorgane, Chemotherapien, aber auch Autoimmun- oder Viruserkrankungen dazu führen können, dass Frauen etwas früher in die Wechseljahre kommen. Bei meiner Patientin ließ sich letztendlich keine eindeutige Ursache finden.

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Und nun?

Ein junger weiblicher Körper kommt mit einem plötzlich einsetzenden Hormonmangel grundsätzlich schlechter zurecht, als ein Körper, der zeitgerecht damit umgehen muss. Ein sehr früher Östrogenmangel kann sich zum Beispiel negativ auf die Knochen- und Gefäßsstruktur des Körpers auswirken. Langzeitschäden, wie Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind deswegen leider gar nicht so selten. Die Therapie der Wahl ist deshalb, eine Hormonerstaztherapie, um den Körper vor den Folgen eines zu frühen Hormonmangels zu schützen. Leider lässt sich mit dieser Therapie die Diagnose an sich nicht ändern. Einmal in die Wechseljahre eingetreten, gibt es in der Regel kein Zurück mehr. Für viele Frauen ist das eine sehr schmerzhafte Erkenntnis – vor allem dann, wenn ihr Kinderwunsch noch nicht abgeschlossen ist.

Vorzeitige Wechseljahre: nicht alle betroffenen merken es

Es gibt übrigens Frauen, die gar nicht merken, dass sie bereits sehr niedrige Hormonwerte haben. Sie haben keinerlei Beschwerden, außer einem immer unregelmäßigeren Zyklus, der irgendwann ganz ausbleibt und einer nicht eintretenden Schwangerschaft, obwohl nicht verhütet wird.

Meine Patientin hatte zum Glück keinen Wunsch mehr, schwanger zu werden. Ihre Familie war für sie und ihren Mann mit zwei Kindern bereits komplett.

Was kann Frau sonst noch tun?

Gerade, wenn der Wunsch auf natürliche Art und Weise (noch einmal) Mutter zu werden, so unverhofft begraben werden muss, ist es ganz wichtig, dass die Frauen verständnisvoll und unterstützend aufgefangen werden. Ist das in einer Partnerschaft nicht möglich, empfehle ich meinen Patientinnen durchaus auch, sich psychologische Unterstützung zu holen.

Neben der von den Fachgesellschaften empfohlenen Hormonersatztherapie können die oftmals sehr belastenden Beschwerden auch mit einem gesunden Lebensstil zumindest erträglicher gemacht werden. Hierzu zählen eine ausgewogene Ernährung, regelmäßiger Sport und der Verzicht auf Alkohol, Koffein, Nikotin und scharfe Gewürzen.

Interview mit Mama Lisa* (*Name von der Redaktion geändert), 35 Jahre alt

Liebe Lisa, wann hat du gemerkt, dass plötzlich etwas „anders“ ist?

Mama Lisa* möchte nicht erkannt werden.

Ich habe seit Herbst 2017 das Gefühl gehabt, dass sich etwas verändert. Damals bekam ich plötzlich meine Periode viel unregelmäßiger. Das habe ich mehrfach bei meinem Gynäkologen angemerkt. Es wurde bis auf den klassischen Ultraschall keine weitere Diagnostik durchgeführt. Er sagte, ich solle doch die Pille einnehmen, wenn ich wieder einen regelmäßigen Zyklus haben möchte.

Welche weiteren Symptome hattest du dann?

Ich bemerkte mit der Zeit auch den Verlust meiner Libido. Das habe ich zunächst auf den Stress geschoben; Mutter von zwei Kindern, nach langer Elternzeit wieder im Job und so weiter. Ich habe mich geschämt und es niemandem erzählt. Im Herbst 2019 kamen dann Schlafstörungen dazu. Ich konnte einfach nicht mehr durchschlafen. Schließlich waren dann da auch Nachtschweiß und Erschöpfung. Ich ließ mich auf die Warteliste eines neuen Gynäkologen setzen, der mir empfohlen wurde. Bis ich einen Terim bei ihm hatte, dauerte es eine gewisse Zeit.

„Ich war zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt und mein Kinderwunsch war doch noch nicht abgeschlossen.“

Wie ging es dann weiter?

Der neue Gynäkologe hat direkt eine Blutuntersuchung mit Bestimmung der Hormone durchgeführt. Dabei kam heraus, dass ich mich in den „verfrühten Wechseljahren“ befinde. Das ist quasi wie eine Eierstockermüdung. Die Diagnose hat mich ganz schön aus den Socken gehauen; ich war zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt und mein Kinderwunsch war doch noch nicht abgeschlossen! Auch dieser Gynäkologe riet mir dann dazu, eine Pille einzunehmen. Die Begründung dafür war, dass es wichtig ist, die fehlenden Hormone auszugleichen.

Hast du dann die Pille eingenommen?

Ja, ich habe dann mit einer Pille angefangen. Im Spätsommer ging es mir schließlich überhaupt nicht gut. Ich hatte starke Hitzewallungen, war gereizt und gestresst, schlecht gelaunt und unheimlich erschöpft. Ich dachte erst, dass das vielleicht auch an meiner Schilddrüse liegen könnte und ging deshalb zu einem Endokrinologen.

„Mir ging es zwischendurch immer schlechter.“

Die Schilddrüse war in Ordnung, aber der Endokrinologe erklärte mir dann, dass es außer einer klassischen Pille auch andere Möglichkeiten geben würde, um einen Hormonmangel auszugleichen. Er überwies mich schließlich zu einer endokrinologischen Gynäkologin. Leider musste ich vier Monate warten, bis ich einen Termin hatte.

Was hast du in der Zwischenzeit gemacht?

Mir ging es zwischendurch immer schlechter. Ich schob es auf die Coronazeit, den stressigen Umzug und die damit verbundenen Arbeiten im Haus. Weihnachten spitze sich die Situation. Daraufhin setzte ich die Pille ab. Schon nach kurzer Zeit ging es mir psychisch besser. Die Wechseljahrsbeschwerden dagegen nahmen leider kontinuierlich zu, vor allem die Durchschlafstörungen. Zum Glück hatte ich dann endlich den Termin bei der Spezialistin.

Ich hoffe sehr, dass es mir bald besser gehen wird.

Was hat dir die Spezialistin geraten?

Sie bestätigte zunächst die Diagnose „verfrühte Wechseljahre“. Da es mir mit der Pille so schlecht ging, bot sie mir eine andere Form der Hormonerstaztherapie an. Ich benutze nun morgens ein Gel, das ich auf die Haut reibe und nehme abends eine Tablette ein. Mit dieser Therapie habe ich gerade erst begonnen. Bislang merke ich noch keine Veränderung, hoffe aber sehr, dass es mir bald besser gehen wird.

Lieben Dank, liebe Lisa, dass du uns deine Geschichte erzählt hast!

Bist du daran interessiert, dich mit Betroffenen zu vernetzen? Dann schreib mir, Doro, doch eine Email. Ich gebe dir dann den Kontakt zu Mama Lisa.

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