FamilienLeben
Herzstück

Entspannte Feiertage trotz krasser Erwartungen?

Wie das klappen kann - Tipps von eurer MutterKutter-Crew!

von
Dorothee Dahinden

Die meisten von uns wünschen sich eins: entspannte Feiertage. Ohne Übergriffige Kommentare.Oder eben blöde Bemerkungen von der Verwandt- oder Bekanntschaft.

Entspannte Feiertage – geht das nur im Traum?

Foto: Jan Müller/ film 17 Kiel

Viele von uns kennen es: Tante Erna fragt, warum wir das Baby so derbe verwöhnen. Onkel Ali, wieso das Teenager-Kind denn nun bitte an Heiligabend feiern gehen muss. Dazu sollen sich die Kinder bitte – trotz der Aufregung und der Tatsache, dass sie Kind sind – „anständig benehmen“. Heißt: Friede, Freude, Eierkuchen – statt Aufregung, Geschrei und Tränen. Drehbuchmäßig eben. Ja, das Stresst. Dazu wird geküsst, gedrückt – und irgendwer ist gerne mal beleidigt, weil die Kinder weder Küsse verteilen wollen (und sollen) und eben nicht – zum Glück – nach der Pfeife der Verwandtschaft tanzen. Die Erwartungen crashen auf die Realität!

„Oh, du Schreckliche“ statt „Oh, du Fröhliche“?

Und wir selbst? Geraten unter Druck. Stehen zwischen Baum und Borke. Sehen die Bedürfnisse unserer Kinder, aber eben auch die der vielleicht sogar beleidigten Verwandtschaft. Wir wissen: wir können es nicht allen recht machen. Und versuchen es dennoch. Wir geraten unter Druck. Sind gestresst. Vielleicht meckern wir sogar unsere Kinder an – obwohl die doch am allerwenigsten dafür können. Entspannte Feiertage? Kein Streit, sondern Ruhe und Frieden? Pustekuchen. Wir denken vielleicht innerlich: What a nightmare! How to survive Christmas?* Shit!

Manche von uns kompensieren dann. Mit „zu viel Alkohol“, „Zigaretten“ & Co. Manche weinen. Andere schreien. Wiederum andere werden ganz still. Und weil wir wissen, dass Feiertage nicht immer entspannt sind, auch wenn uns die Industrie das weismachen will – haben wir unsere besten Tipps für euch zusammengeschmissen. Für entspannte Feiertage – und ein bisschen mehr Liebe! Die geht raus an alle Menschen – vor allem die, die durch Schicksale, Verluste, Krieg oder – wie in Magdeburg – durch Anschläge kein Weihnachten in tiefer Trauer und Angst leben. Unsere Gedanken sind bei euch!

Tipps & Wissen von der MutterKutter-Crew

Damit ihr euren Tanzbereich an Weihnachten abstecken und eure Grenzen hochhalten könnt. Ich habe unsere ExpertInnen der MutterKutter-Crew gefragt: Was sind eure Tipps für mehr Entspannung im Weihnachtswahnsinn. Und ich durfte viele Antworten von den tollen Menschen sammeln. Wissen rund um das Thema „Grenzen abstecken“ bekommt ihr gleich im Interview von unserer Psychotherapeutin Nisrine Aydin

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Und dazu gibt es persönliche Tipps von: Dr. med. Judith Bildau, Dayan Kodua, Isabel Huttarsch, Susanne Mierau, Caroline Bechmann, Nicola Schmidt, Annika Rötters, Franziska-Beatrice Fiedler, Deniz Winter, Carsten Müller, Dr. Nikola Klün, Sonja Rakow – es lohnt sich, das Wissen dieser tollen Menschen zu lesen und sacken zu lassen. Gerne auch: Stück für Stück.


„Hilfreich ist es, sich auf die eigenen Werte und Bedürfnisse zu fokussieren. Am besten bereits im Vorfeld einer Familienfeier.“

Nisrine Aydin, psychologische Psychotherapeutin

Liebe Nisrine, vor Weihnachten fühlen viele Menschen, vor allem Eltern, viel Druck. Gefühlt rast die Zeit schneller und wir jonglieren mit noch mehr To Dos. Was hat dieser immense Druck eigentlich mit der allgemeinen Erwartungshaltung bzgl. der Festtage zu tun? Und wie sehen die Erwartungen deiner Erfahrung nach von Eltern, Kindern, Großeltern, Tanten, Onkeln und Co. so aus?

entspannte Fesstage
Nisrine Aydin, psychologische Psychotherapeutin

Manchmal ist es sehr schwierig, zwischen unseren Erwartungen und der Realität zu unterscheiden. Schon von klein auf wird uns, u.a. durch Medien, Bücher, Werbung und soziale Netzwerke, vermittelt, dass es perfekte Weihnachten gibt. Eine Zeit, in der sich alle lieb haben, harmonisch miteinander feiern und glücklich sowie dankbar sind.

In vielen Ländern wird Weihnachten als eine Zeit der Perfektion, Harmonie, Liebe und Dankbarkeit idealisiert. Aus diesen Bildern entwickeln sich gesellschaftliche, soziale und familiäre Erwartungen, die oft überhöhte Ansprüche mit sich bringen. So stellen Menschen hohe Anforderungen sowohl an sich selbst als auch an andere Familienmitglieder und setzen sich dadurch massiv unter Druck.

Eltern möchten ihren Kindern ein schönes und glückliches Weihnachtsfest ermöglichen (vielleicht sogar schöner, als sie es selbst als Kinder erlebt haben). Kinder wünschen sich ein besonderes Fest, geprägt von Geschenken und Erlebnissen, wie sie es aus Kinderfilmen kennen. Großeltern hingegen sehnen sich oft nach einem traditionellen Familienfest, bei dem die gesamte Familie harmonisch zusammenkommt.

Entspannte Feiertage? „Es ist (…) hilfreich, sich im Vorfeld bewusst mit den eigenen Erwartungen und familiären Grenzen auseinanderzusetzen.“

Jedes Familienmitglied hat somit eigene Vorstellungen und Ansprüche an das Weihnachtsfest, die sich nicht selten widersprechen. Diese Idealbilder sind in der Realität jedoch nur schwer umzusetzen und führen häufig zu sozialen Vergleichen, die den Druck verstärken, einem bestimmten Ideal gerecht zu werden. Wenn unsere Realität dann nicht mit unseren Erwartungen übereinstimmt, entsteht ein Gefühl des Unwohlseins – verursacht durch kognitive Dissonanz.

Gefühlt wollen wir für 3 Tage „endlich mal Frieden haben“. Wie realistisch ist das denn? Vor allem, wenn wir auf die unterschiedlichen Charaktere in den Familien gucken? Ich sage mal so: Können wir an 3 Festtagen wirklich harmonisch vereinen, was vielleicht an 362 Tagen im Jahr manchmal schier unvereinbar scheint? 

Ich denke: Ein Großteil der Menschen ist in der Lage, Weihnachten mit der Familie zu verbringen und die Festtage angenehm verlaufen zu lassen – also ohne große Konflikte oder psychische Dekompensation. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sie sich dabei rundum wohlfühlen. Jedes Familienmitglied bringt eigene (unerfüllte) Bedürfnisse, Konflikte, Werte, Persönlichkeitsanteile und Vorstellungen mit. Diese Dynamiken können bei Familienfesten verstärkt werden und zu schlechter Stimmung, Unwohlsein oder sogar Kränkungen führen.

Es ist deshalb hilfreich, sich im Vorfeld bewusst mit den eigenen Erwartungen und familiären Grenzen auseinanderzusetzen. Bedürfnisse und Wünsche, die 362 Tage im Jahr unerfüllt oder unausgesprochen bleiben, werden sich nicht plötzlich an den Feiertagen erfüllen – nur weil Weihnachten ist. Ebenso lassen sich tief verankerte Konflikte innerhalb der Familie während der Festtage nicht einfach ausblenden oder ungeschehen machen. Trotzdem ist es möglich, ein angenehmes Fest und eine gemeinsame Zeit zu erleben – wenn alle Beteiligten dies anstreben. So kann es gelingen, miteinander zu feiern, zu lachen und die Zeit miteinander zu genießen.

„Grenzen sollten immer die eigenen Bedürfnisse berücksichtigen und konsequent vertreten werden.“ 

Wie wichtig ist es, an diesen und vielen anderen Feiertagen, sich über seine eigenen Grenzen klarzuwerden? Und wie setzen wir gegenüber anderen unsere Grenzen? Können die im Zweifel auch so aussehen, dass wir sagen: „Nö, wir sehen uns dann nicht!?“

Sich der eigenen Grenzen und der Grenzen von Kindern bewusst zu sein, ist IMMER wichtig – in jeder Lebenssituation. Grenzen dienen nicht (nur) dazu, andere auf Distanz zu halten, sondern helfen, eine gesunde Balance zwischen Nähe und Autonomie in Beziehungen zu finden. Zudem tragen klar gesetzte Grenzen dazu bei, Stress, Überforderung und Konflikte in verschiedenen Situationen zu vermeiden. Darüber hinaus schaffen sie respektvolle und authentische Nähe.

Grenzen sollten immer die eigenen Bedürfnisse berücksichtigen und konsequent vertreten werden. Das bedeutet, dass selbst nahe Familienmitglieder und ihre Ansprüche kein Grund sind, die eigenen Grenzen zu ignorieren. Grenzen zu setzen und auch mal zu sagen: „Nein, wir sehen uns dann nicht!“ ist nicht nur erlaubt, sondern notwendig und langfristig gesund. Es trägt zu mehr Zufriedenheit, höherer Selbstachtung, weniger Konflikten in Beziehungen sowie emotionaler und psychischer Stabilität bei. Kindern vermitteln wir zudem, dass sie ebenfalls Grenzen setzen dürfen (und müssen), weil ihre Bedürfnisse wichtig und schützenswert sind.

„Werden unsere Grenzen trotz klarer Positionierung übergangen, ist es wichtig, konsequent Stellung zu beziehen.“

 

entspannte Feiertage
Design: www.kojimalou.com

Niemand von uns sollte ausbrennen, weil nun alle erwarten, dass wir happy sind. Wie lassen wir von Erwartungen los? Und was können wir antworten, wenn mal wieder jemand unsere Grenzen überschreitet?

Hilfreich ist es, sich auf die eigenen Werte und Bedürfnisse zu fokussieren. Am besten bereits im Vorfeld einer Familienfeier. Wir sollten uns bewusst machen, welche Erwartungen an uns gestellt werden und welche davon wir erfüllen können und möchten.

Dabei dürfen wir unsere eigenen Grenzen jedoch nicht aus den Augen verlieren. Sich mögliche Belastungen vor Augen zu führen, kann uns helfen, unsere Grenzen klarer zu erkennen. Diese Grenzen sollten wir deutlich formulieren und vor allem gewaltfrei kommunizieren. Werden unsere Grenzen trotz klarer Positionierung übergangen, ist es wichtig, konsequent Stellung zu beziehen, zum Beispiel mit einer Aussage wie:

„Ich bitte dich, meinen Wunsch bzw. meine Entscheidung zu akzeptieren und zu respektieren. Solltest du dies (erneut) nicht tun, werde ich nicht zur Familienfeier kommen bzw. diese umgehend verlassen.“

Hilfreich ist es außerdem, sich von den Emotionen anderer abzugrenzen, indem wir uns bewusst machen, dass jeder für seine eigene Emotionsregulation verantwortlich ist – wir selbst ebenso wie unsere Kinder. Ein „Nein“ bedeutet nicht, dass wir andere ablehnen oder nicht mögen. Ein „Nein“ bedeutet vielmehr, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse ernst nehmen und schützen.

„Es gibt weder in einem Land noch in einer Kultur die „perfekte“ Familie oder das „perfekte“ Familienfest.“ 

Und, letzte Frage an dich: Welchen liebevollen Rat hast du an alle Menschen und Familien, die kein Weihnachten feiern? Wichtig ist ja auch umgekehrt ein kultursensibler Blick – auch das Learning von allen „Weihnachtsfans“, dass nicht für jede Familie dieses Fest das „höchste Fest“ ist, oder? 

All das lässt sich auch auf andere Kulturen und deren Festlichkeiten übertragen. Auch wenn viele Menschen kein Weihnachten feiern, zelebrieren sie andere religiöse oder kulturelle Feste, die für sie eine hohe gesellschaftliche Bedeutung haben. Dabei entsteht ebenfalls häufig eine Diskrepanz zwischen den eigenen Erwartungen und der Realität. Egal, welches Fest gefeiert wird (oder ob überhaupt ein Fest gefeiert wird), jeder Mensch hat das Recht und die Verantwortung, die Werte, Überzeugungen, Rituale und Traditionen auszuleben, die individuell für richtig und wichtig gehalten werden.

Es gibt weder in einem Land noch in einer Kultur die „perfekte“ Familie oder das „perfekte“ Familienfest, weil es keine universell gültigen Maßstäbe dafür gibt. Sich dieser Tatsache bewusst zu werden, kann uns als Menschen näher zusammenbringen. Auch wenn uns Rituale, Bräuche und Feste manchmal unterscheiden, sind wir in unseren Grenzen, Bedürfnissen und in unserem Wert gleich. An dieser Stelle möchte ich die Vielfalt in unserer Gesellschaft hervorheben und wertschätzen. Sie zeigt uns, dass uns viel mehr verbindet, als trennt. Offenheit, interkulturelles Verständnis und die Wertschätzung von Diversität sind eine Bereicherung für unsere gesamte Gesellschaft.


Ganz unten bekommt ihr von Nisrine noch weitere Tipps für Betroffene und Angehörige. Jetzt geht es erst einmal  weiter mit den Impulsen vieler Mitglieder unserer MutterKutter-Crew! 

Entspannte Feiertage? Deine MutterKutter-Crew sieht dich! 

Dr. med. Judith Bildau, Dayan Kodua & Isabel Huttarsch

„Schaffe dir einen Safe Space! Einen Ort, an den du dich kurz zurückziehen kannst, wenn dir „Oh, du Fröhliche, oh, du Selige“ zu viel wird. An Weihnachten prallen oft ganz unterschiedliche Werte, Erwartungshaltungen und Wünsche aufeinander. Da kann es ungemein helfen, wenn du dir dich einmal kurz rausziehst, um tief ein- und auszuatmen, zu lachen oder auch eine Träne zu verdrücken. Alle Gefühle sind erlaubt!“

Dr. med. Judith Bildau, Gynäkologin & Medfluencerin

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Dayan Kodua entspannte feiertage

„Erlaub dir, Weihnachten so zu gestalten, wie es sich für dich richtig anfühlt – nicht, wie es „sein sollte“. Atme tief durch, wenn der Trubel zu viel wird, und erinnere dich daran, dass es nicht um Perfektion geht, sondern um kleine, echte Momente der Verbindung. Manchmal reicht es, einfach nur da zu sein: präsent, dankbar für das Leben und für die Menschen, die du liebst, bewusst den Moment mit offenem Herzen zu erleben.

Und falls es Verwandte gibt, mit denen du nicht gut auskommst, nimm dir bewusst Raum für dich, um dich zurückzuziehen. Und denk daran: auch das geht vorbei.“

Dayan Kodua, Schauspielerin & Verlegerin „Gratitude Verlag“

„Es gibt zwei verschiedene Strategien, die ich dir ans Herz lege: Entweder du sagst dir: Dieses Fest ist nur ein Mal im Jahr. Und genau deswegen lächle und winke ich und lass alles an mir vorbeiziehen. Ich spiele das Spiel – bewusst lächelnd – mit, weil ich weiß: das Ganze ist sowieso in 2-3 Tagen vorbei.

Alternativ sagst du dir: Weihnachten ist ein Tag wie jeder andere auch. Und genau deshalb darf es mir gut gehen. Ich muss mich nicht aufgrund eines religiösen Festes verändern, anpassen oder meine Grenzen überschreiten lassen. Ich erkenne meine Bedürfnisse und Grenzen an -denn die zählen. Und ich mache eben nicht gute Miene zum bösen Spiel – die heilige Harmonie kann mich mal. Fühle in dich hinein, was gut für dich ist!“

Isabel Huttarsch, Psychologin (M.Sc.) & Buchautorin

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Susanne Mierau, Caroline Bechmann & Nicola Schmidt mit ihren Tipps für „entspannte Feiertage“

„Weihnachten überleben“ – Diesen Spruch kennen wohl viele von uns. Und eigentlich weist er uns auf etwas Wichtiges hin: Wir fühlen vorher schon Unbehagen bis Gefahr, wenn wir darüber sprechen, dass wir das sprichwörtlich überleben müssen. Eigentlich sollten wir darauf hören und sagen: Okay, ich setze mich dem gar nicht erst aus. Das wäre die gesündeste Entscheidung. Tatsächlich aber tun das wohl nur wenige, weil da diese gesellschaftlichen Zwänge sind, dass wir ja zur Familie müssen, auch wenn sie wieder unser Erziehungsverhalten bemängeln, Onkel Gerd anzügliche Witze macht und ganz in Gottschalk-Manier dann erklärt, dass man ja heute nichts mehr dürfe oder wieder einmal das vegetarische Essen „vergessen“ wurde, weil „Geflügel ja kein Fleisch sei“.

Wir gehen also trotzdem hin und deswegen lautet die wichtige Frage: Wie kann ich mich schützen an einem Ort, an dem ich mich angegriffen fühle. Und hier können wir nach ganz verschiedenen Möglichkeiten Ausschau halten: Vielleicht haben wir Verbündete an der Seite – Partner, Partnerin, Schwester, Bruder – die die Situation ähnlich kritisch sehen und mit denen wir vorher vereinbaren können, dass wir uns gegenseitig unterstützen. Vielleicht gibt es auch schon bei der Tischordnung die Möglichkeit, sich nicht zu nah an die Problemsituationen zu setzen. Hilfreich kann es auch sein, von vorn herein die Zeit zu begrenzen.

Auch eine soziale Lüge ist übrigens durchaus vertretbar, wenn man merkt, dass die eigenen Kräfte schwimmen: „Oh, das Kind ist jetzt wirklich zu müde, da müssen wir los.“ Und vor Ort brauchen wir Inseln zum Krafttanken: vielleicht mal raus gehen, ein gemeinsamer Spaziergang kann auch etwas Ruhe bieten, wenn man sich „besinnlich“ etwas abseits hält oder man kann mal kurz rausgehen. Wer innerlich gestärkter ist, kann kritischen Kommentaren und Grenzverletzungen natürlich auch direkt begegnen und ganz klar die eigene Überzeugung teilen: „Ihr habt das früher anders gemacht, wir erziehen heute Kinder nach neuen Erkenntnissen in einer anderen Welt“, „Ich bin jetzt Elternteil meiner Kinder und wir legen unsere Werte selbst fest.“, „Ich verstehe, dass du keinen vegetarischen Braten essen möchtest und akzeptiere deine Wünsche, bitte akzeptiere auch meine.“

Susanne Mierau, Pädagogin, Feministin & Bestseller-Autorin

„Ich habe einen kleinen Impuls speziell für Eltern, deren Kinder in der Weihnachtszeit recht nervös oder überdreht sind: Weihnachten ist für Kinder oft eine unfassbar spannende Zeit! Eine Achterbahn der Gefühle: Vorfreude, Erwartungen und vielleicht auch Überforderung durch den ganzen vorweihnachtlichen Trubel. Mein Tipp: schafft kleine Inseln der Ruhe. Baut bewusste Pausen in den Alltag ein, auch am Festtag selbst.

Ihr könnt z.B. eine weihnachtliche Höhle mit den Kindern bauen, in der ruhige Beschäftigungsideen sind, die eurem Kind beim Entspannen und Abschalten helfen. Aber auch ein Spaziergang, eine Vorlesestunde oder viel Kuscheln können dabei helfen, die Reizüberflutung zu reduzieren bzw. zu verarbeiten. Und wenn die Nervosität Überhand nimmt, dann hilft oft schon ein klarer Rahmen: z.B. ein fester Tagesplan und das Wissen, dass alles gut ist, egal, wie chaotisch der Tag wird.“

Caroline Bechmann, Psychologin (M.Sc.), Erzieherin, Familien- & Schlafberaterin

Kind will nicht einschlafen Crew entspannte Feiertage

„Mein persönlicher Tipp: bereite alles gut vor. Und zwar nicht Putzen, Kochen, Backen, sondern: Wer erwartet was? Was kann ich leisten? Was können die Kinder leisten? Wiederum was sind Exit-Strategien (aus der Kirche, aus dem Heiligen Abend etc.), wenn es keinen Sinn mehr macht oder die Stimmung zu kippen droht? Und was ist überhaupt möglich? Sind zwei Stunden mit der Familie vielleicht friedlicher und entspannender als ein ganzes Wochenende? Dann lieber kurz und schön statt lang mit vielen Gelegenheiten, um sich zu streiten.“

Nicola Schmidt, Wissenschaftsjournalistin, Bestsellerautorin & Unternehmerin (Artgerecht Projekt)

Annika Rötters, Franziska-Beatrice Fiedler & Dr. med. Deniz Winter sehen dich auch!

„Mach dir einen „Notfall-Plan“ mit einer Exit-Strategie. Dafür kannst du im Vorfeld überlegen:

  • Was sind Warnzeichen, dass es dir nicht mehr gut geht?
  • Was kannst du dann sofort für Dich tun?
  • Wie kannst du diese Situation schnell verlassen? (Hast du ein Auto? Weißt du, wie du im Zweifel schnell an einen sicheren Ort kommst?) 
  • Hast du eine Person, mit der du ein Code-Wort vereinbaren kannst, und wenn es gesagt wird, verabschiedet ihr euch ruhig und zügig – egal, wie lange ihr schon da seid, ob es gerade für alle anderen auch passt.
  • Auch wenn es für andere vielleicht erstmal unverständlich ist: Du darfst jederzeit eine für dich unangenehme Situation verlassen.

Du bist verantwortlich für deine Gedanken, Gefühle und dein Verhalten. Du bist nicht verantwortlich für die Gefühle anderer Personen – genauso, wie sie nicht verantwortlich für deine Gefühle sind. In einem sicheren sozialen Raum gibt es Regeln, die die Würde jedes Einzelnen in diesem Raum wahren und berücksichtigen. Wenn du jedoch feststellst, dass ein Raum, in dem du dich bewegst, für dich nicht sicher ist, ist es nicht deine Aufgabe, den Raum jetzt sicher zu machen. Regeln für einen sicheren Raum werden in einer für alle sicheren Situation verhandelt – und wenn es dir nicht gut geht, darfst du so ziemlich jeden Raum zu so gut wie jeder Zeit verlassen (egal, was die anderen sagen, denken oder tun).

Annika Rötters, Diplom-Psychologin, Gesprächstherapeutin & Führungskräftetrainerin 

Krieg
Beikost Stillbeziehung Crew Süße

„Wenn du mit Baby oder Kleinkind bei der Verwandtschaft bist: Stell dir vor, zwischen dir und dem Kind ist ein unsichtbares Band. Bleibt in Verbindung, steh als Elternteil für die Grenzen und Bedürfnisse deines Kindes ein. Niemand muss auf Tante Ernas Schoß, niemand muss Opa Hans ein Küsschen geben, niemand muss die Bohnen probieren, niemand muss „brav“ sein, um zu Weihnachten beschenkt zu werden.“

Franziska-Beatrice Fiedler, Unternehmerin (BFB Institut), Anwältin & Stillberaterin 

„Andere Leute kann man, insbesondere an Weihnachten, zwar kaum zu gesundem Verhalten erziehen, aber es ist sicher nützlich, wenigstens die Selbstkontrolle zu behalten.“

„Überfrachtete Erwartungen bringen die Stimmung an Weihnachten meiner Erfahrung nach am häufigsten zum Kippen. Man erwartet  nach all den eigenen Bemühungen und dem Stress der Vorweihnachtszeit Friede und Freundlichkeit, bestenfalls Liebe, Dankbarkeit, Fröhlichkeit und vielleicht auch schöne Geschenke – und ist dann umso geschockter, wenn man wenig, schlimmstenfalls nichts davon zu sehen bekommt, die Kinder aufgedreht sind und nahe Verwandte einen, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, kritisieren oder gar beleidigen. 

Deshalb mein Tipp: Unverkrampft, aber auch gelassen in die Situation hinein gehen, auf das Beste hoffen, aber nicht enttäuscht sein, wenn es nicht eintrifft. Den eigenen Alkoholkonsum zu limitieren,  ist sicher hilfreich, denn nichts enthemmt die Menschen ähnlich schnell wie Alkohol. Andere Leute kann man, insbesondere an Weihnachten, zwar kaum zu gesundem Verhalten erziehen, aber es ist sicher nützlich, wenigstens die Selbstkontrolle zu behalten.

Die eigenen Grenzen zu kennen und sie auch zu benennen, ist ebenfalls wichtig. Wenn diese aber partout nicht akzeptiert werden, ist es meiner Erfahrung nach am besten, sich der Situation zu entziehen, in dem man den Ort wechselt:  Entweder unter der Angabe, man wolle und könne so nicht weiterreden und brauche jetzt ein wenig Ruhe, das Zimmer verlässt, oder gleich spazieren bzw. joggen geht. Mit letzterem baut man eigene Aggressionen an der frischen Luft ab, verschafft sich einen klaren Blick auf die Gesamtsituation und hat auch noch etwas für die eigene Gesundheit getan.“

Dr. med. Deniz Winter, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin & Fachärztin für Radiologie

Carsten Müller, Dr. med. Nikola Klün & Sonja Rakow haben noch mehr für dich parat!

Paarchoaching Sexualtherapie

„Mein ultimativer Tipp für entspannte Feiertage: sinnvolle gemeinsame Inselmomente einplanen. Fünf Minuten durchatmen und jeder spielt dem anderen einen Song aus seiner Playlist vor. Gemeinsamer Müll rausbringen war vor Weihnachten auch noch nie so sexy.

Außerdem rate ich dazu, einmal wirklich das Geschenke-Thema und die damit verbundenen Erwartungen zu besprechen. Wenn man sich darauf einigt, dass es keine Geschenke gibt, dann gibt es auch keine – und dann ist es die gemeinsame Verantwortung, sich auch daran zu halten. Eine Kleinigkeit ist dann auch Scheiße – denn genau das gibt dem anderen ein schlechtes Gefühl.“

Carsten Müller, Sexual- und Paartherapeut, Sexualpädagoge (gsp), Geschäftsführer der „Praxis für Sexualität“ & Diplom-Sozialpädagoge

„Ich versuche mir immer klarzumachen, dass die Erinnerungen meiner Kinder viel mehr aus einer entspannten und glücklichen Mama bestehen, die mit ihnen Zeit verbringt und sicher nicht daraus, dass ein perfektes Dinner am Tisch steht. Die freuen sich im Zweifel genauso über einen gekauften Adventskalender, über ein simples Abendessen und über die gemeinsame Zeit.“

Dr. med. Nikola Klün, Ärztin in der Kindermedizin, aktuell in der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, Podcasterin & Buchautorin @„Kinderleibundseele“

Entspannte Feiertage – Hilfe für Betroffene & Angehörige von Nisrine Aydin

„Wir nehmen uns gemeinsam – bevor die Verwandtschaft einfällt – bewusst eine Auszeit für drei Tage in Kopenhagen – nur mein Mann, die Kinder und ich. Im Tivoli holen wir uns eine Portion Weihnachtsfeeling ab und im Sofiebadet gehen wir alle in die Sauna!“

Sonja Rakow, Beckenboden-Expertin, Fitnesstrainerin, Yogalehrerin, Eltern-Kind-Kursleiterin & Unternehmerin (FamilyFit Kiel)


Quelle: artlist

Und hier dröselt unsere Psychotherapeutin Nisrine Aydin noch einmal Tipps für Betroffene und Angehörige auf. Vor allem dann, wenn das Thema „entspannte Feiertage“ in die entgegengesetzte Richtung umschlägt und es sehr unentspannt wird.

Tipps für Betroffene:

  • Nimm fachliche Unterstützung bei starker Belastung und bei Leidensdruck in Anspruch.
  • Sprich mit nahestehenden Personen über deine Gedanken, Gefühle, Ängst und Sorgen. Bitte sie Kontakt zu dir aufzunehmen, wenn sie einige Tage nichts von dir hören.
  • Achte auf deine Bedürfnisse. Stelle dir immer wieder folgende Fragen: ,,Möchte ich das’’? und ,,Was brauch eich im Moment’’?
  • Du darfst und sollst NEIN sagen.
  • Wenn die äußeren Erwartungen zu hoch sind, dann führe dir immer wieder vor Augen, dass es keinen Knopf gibt, den du betätigen kannst, um Freude zu empfinden. Deine Gefühle sind nicht falsch und dürfen sein.
  • Versuche langandauernden Stress zu vermeiden, in dem du dir bspw. einen Zeitplan erstellst (bzgl. Erledigungen, Ruhephasen, angenehme Aktivitäten).
  • Mache dir bewusst, woran du eigene, ungesunde Gedankenmuster und Verhaltensweisen bemerkst, damit du ggf. entgegensteuern oder dir kurzfristig Hilfe holen kannst.
  • Rufe alte und/oder aktuelle Bekannte/Freund:innen an, wenn du dich einsam fühlst. Such dir (auch unabhängig von den Feiertagen) Tätigkeiten, bei denen du unter Menschen bist (Minijobs, Ehrenamt, sportliche Aktivität o.Ä.). Triff dich mit Menschen, die dir gut tun und die du um dich haben möchtest.
  • Rückfälle können bei starker psychischer Belastung auftreten. Sie stellen nicht zwangsläufig einen dauerhaften Rückfall dar. Falls du nach einem Rückfall Unterstützung brauchst, dann such bitte fachliche Hilfe auf und gehe die einzelnen Schritte deines bspw. in der Therapie erarbeiteten Rückfallplans durch.
Nisrine Aydin, psychologische Psychotherapeutin

Tipps für Angehörige:

  • Mache rückzügigen Menschen ein Angebot und binde sie gesellschaftlich ein (ein nettes Gespräch führen, gemeinsam einen Kaffee/Tee trinken, spazieren gehen, telefonieren usw.).
  • Wenn deine Erwartungen nicht mit denen einer anderen Person übereinstimmen, dann übe bitte keinen Druck aus.
  • Urteile nicht voreilig, wenn eine andere Person nicht in Weihnachtsstimmung ist oder Weihnachten nicht so toll findet.
  • Falls Personen professionelle Unterstützung benötigen, dann unterstütze sie dabei Hilfe in Anspruch zu nehmen (Hilfe zur Selbsthilfe).
  • Versuche mit darauf zu achte, dass Zeitpläne (bspw. familiäre Zeitpläne) nicht zu oft umgeworfen werden und das Betroffene Ruhephasen realisieren können, wenn sie diese wünschen/fordern.
  • Es gibt viele Möglichkeiten! Wichtig ist, dass die betroffenen Personen nicht bedrängt werden. Auch auch hier gilt: NUR SO VIEL UNTERSTÜTZUNG LEISTEN, WIE EINEN SELBST NICHT BELASTET.

Eine wichtige Anmerkung von unserer Autorin Susanne Mierau, die wir im Nachgang hier auch noch ergänzen möchten, Zitat: „Wir sagen „Weihnachten überleben“ und meinen das emotional. Die Feiertage sind aber tatsächlich für einige Frauen eine Frage des Überlebens und auch dieses Jahr werden mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Feiertagen Femizide stattfinden.

Hilfe bekommt ihr hier: 

  • Polizei: 110
  • Feuerwehr & Rettungsdienst: 112
  • Bei Vergiftungsnotfällen: 112
  • Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 08000 116 016
  • Hilfetelefon „sexueller Missbrauch“: 0800 22 55 530 
  • Hilfetelefon „Schwangere in Not“: 0800 404 00 20
  • Deutsche Depressionshilfe: 0800 33 44 533
  • Elternberatung: 0800 111 0 550
  • Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116 117
  • Kinder- und Jugendtelefon: 116 111
  • Telefonseelsorge: 0800 111 0111 oder 0800 111 0 222
  • „Nummer gegen Kummer“ für Kinder & Jugendliche: 116 111
  • Opfer-Telefon des Weißen Rings: 116 006
  • www.krisenchat.de → Für Jugendliche, wenn sie zuhause nicht telefonieren können
  • Bei Suzidandrohung/ Suizidimpulsen … hilft die Depressionshilfe/ Telefonseelsorge/ „Nummer gegen Kummer“. Am Besten aber immer direkt die 110 oder die 112 verständigen. Dann werden zuständige Hilfskräfte verständigt!

Ihr lieben LeserInnen – wir wünschen euch von ganzem Herzen: entspannte Feiertage! Wir hoffen, dass wir euch abholen konnten! Für 2025 haben wir schon viele spannende Themen im Gepäck!


Und hier bleibst du bei uns auf dem Laufenden!

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Auf YouTube gibt es immer wieder Filme zu verschiedenen Themen.

Oder möchtest du mehr über uns erfahren? Dann lies gerne unter Crew weiter.

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Content ist Queen – unsere Kooperationen

(TV-)Reporterin Dorothee Dahinden ist eine der Hosts des Podcasts “HEY Familie” von dm glückskind. Die 2. Staffel ist 04/2024 gestartet.

dm glückskind

Regelmäßige Werbung auf MutterKutter. Dazu Produktion von Filmen für Social Media & YouTube.

Rotho Babydesign

Im Auftrag der Leben & erziehen hat Dorothee Dahinden Artikel geschrieben.

Leben & erziehen

Die MutterKutter-Bücher „Der Survival-Guide für Mamas“ (2020) und „Love Yourself, Mama“ (2021) sind bei humboldt erschienen.

humboldt Verlag

Dorothee Dahinden hat das Hörbuch „Do it!: Vom Denken ins Machen“ (2022) als eine der Autorinnen bei storytel veröffentlicht. Außerdem ist dort das MutterKutter-Buch „Love Yourself, Mama“ gelistet.

storytel

Artikel für den Blog der Schweizer Versicherung zum Thema Geburt & Wochenbett.

Visana

MutterKutter war von 2020 – 2023 das Expertinnen-Team von tausendkind. Wir haben regelmäßig Content in Form von Artikeln, YouTube-Filmen oder auch Instagram-Lives zugeliefert.

tausendkind

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