Elternsein
Herzstück

Kind tracken: Ist das der richtige Weg?

Pädagogin Inke Hummel mit spannenden Antworten! Autorin: Dorothee Dahinden

von
Dorothee Dahinden

Soll ich mein Kind tracken? Das fragen sich viele Eltern. Pädagogin Inke Hummel gibt fundierte Antworten!

Ich (Doro) habe offenbar lange auf dem Mond gelebt, was dieses Thema angeht. Bis vor einiger Zeit wusste ich gar nicht, dass schon Grundschulkinder Uhren haben, mit denen wir sie tracken können. Mir war schon klar, dass technisch alles möglich ist – aber irgendwie war das für mich lange etwas aus einer Science Fiction-Serie und nichts, was mit der Realität zu tun hat. Womöglich auch, weil ich als Kind meine kleinen eigenen Wege so genossen habe.

Es war ein Gespräch, in dem eine Mutter davon erzählt, dass sie überlegen würde, so eine Uhr für ihr Kind zu kaufen. Ich war im ersten Moment total erschrocken, weil sich das für mich so nach „Überwachung“ angefühlt hat. Mein Gedanke dann: Oha, da geht aber ein Stück Freiheit verloren. Mein zweiter Gedanke: Oder irre ich mich? Bin ich vielleicht zu hart in meiner Meinung? Deshalb habe ich unsere Gastautorin Inke Hummel um Meinung zu dem Thema gefragt. Herausgekommen sind – wie immer bei Inke – klare und vor allem fundierte Worte! Danke, Inke!


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Eine wichtige Anmerkung von Inke und mir vorab: Diese Aussagen beziehen sich auf normal entwickelte, gesunde Kinder. Denn Tracker können laut Inke gegebenenfalls eine Hilfe sein in besonderen Fällen!

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Soll ich mein Kind tracken?

„Ein Tracker am Kind ist eine ziemlich platte Lösung,“ sagt Inke Hummel!

Liebe Inke, als ich vor ein paar Monaten von einer Mutter erfahren habe, dass sie überlegen würde, ihr Kind mit einer Uhr zu tracken, war ich erstmal baff. 1. Weil das so weit von meiner eigenen Kindheit entfernt ist, in der ich mich frei bewegt habe und 2. weil ich mich gefragt habe: In welcher Umgebung werden unsere Kinder groß, wenn wir sie quasi „überwachen“ und nicht so frei groß werden lassen, wie wir es (vielleicht) konnten. Magst du mir mal aus der Hüfte schießen, welche Gedanken dir beim Thema Tracking durch den Kopf schießen?

Verwöhnen Kann-Kinder Kinder tracken
Inke Hummel, Pädagogin & Influencerin, Foto: Jens Unglaube

Ich kann den Gedanken an Tracking nachvollziehen, denn als meine Kinder – die ja jetzt alle schon Teenies sind – flügge wurden, hatte ich da auch manchmal echt dran zu knapsen. Man muss sehr vertrauen, aushalten, Geduld üben, sich unter Umständen mit Ängsten befassen… Das ist nicht ohne. Aber ein Tracker am Kind ist eine ziemlich platte Lösung. Daran wachsen weder wir, noch das Kind und erst recht nicht unsere Beziehung. Mein Weg wäre immer: Vertrauensvorschuss, Absprachen und Dinge üben, Notfallpläne überlegen und dann ausprobieren lassen. Wenn was schief geht oder Absprachen missachtet werden, muss man nachher damit umgehen. In der Regel sind das keine lebensgefährlichen Krisen! Und die kleinen brauchen wir als Entwicklungschance. Für Elternteil, Kind und die Beziehung zwischen beiden.

Wir können unsere Kinder auch durch Absprachen und Notfallpläne stärken!

Übertreibe ich denn, wenn ich mich kritisch frage: Können unsere Grundschulkinder Selbstvertrauen lernen, wenn wir sie tracken? Leben wir ihnen so eine Welt vor, in der das Digitale unser Handeln bestimmt? Übertragen wir so vielleicht auch eigenen Ängste auf unsere Kinder? Magst du zu meinen Gedanken was sagen?

Ich denke, es käme sehr darauf an, wie präsent der Tracker dann tatsächlich für das Kind ist. Aber das kann natürlich sehr an der eigenen Sicherheit kratzen und Ängste aufkommen lassen, die ohne den Tracker gar nicht da wären. Wenn man stattdessen übt, Absprachen trifft, Notfallpläne überlegt, wird das Kind viel besser gestärkt, im Fall der Fälle gut aktiv zu werden. Hm, und selbst wenn man beides kombiniert, bleibt dieses Kontrollgefüge. Manchen Kindern mag das nichts ausmachen, wahrscheinlich wenn die Beziehung eh gut und vertrauensvoll ist. Aber wenn Eltern ohnehin sehr überbehütend agieren und dem Kind weder viel zutrauen noch zumuten, dann ist so ein Tracker ein weiterer Punkt auf der Liste der Entwicklungshemmungen. Ein schüchternes Kind wird es wahrscheinlich schlucken, ein wildes vermutlich irgendwann auch mal „schummeln“ oder ähnliches.

Kind tracken: Viele Erwachsene tracken sich ja selbst!

Wie oft begegnet dir das Thema in deinen Beratungen?

In meinen Beratungen ist mir die Frage noch nie begegnet. Wir versuchen immer gleich miteinander Lösungen zu finden, die in kleinen Schritten Kind und Eltern wachsen lassen.

Was hat sich deiner Meinung nach in den letzten 20 Jahren verändert, dass wir eben auf diese Sicherheit setzen?

Was sich geändert hat? Hm, gute Frage. Ob es die Medien sind, die mehr Angst machen, das schlimme Dinge passieren könnten? Dabei geben die Statistiken das nicht her. Ob es der vermehrte Autoverkehr ist? Vielleicht auch der Wunsch, gerade nicht autoritär, kühl und distanziert zu sein, sondern Beziehung und Fürsorge anzustreben – und das gerät dann etwas auf die falsche Bahn? Ich denke, all das wird mit reinspielen, plus die Möglichkeiten der Technik heute. Viele in der Elterngeneration sind da einfach sehr empfänglich und denken gar nicht darüber nach bzw. meinen es auch nicht böse. Sie tracken ihre Joggingstrecke und teilen es im Netz. „Ist doch nichts dabei!“ Ja, uns das kann so sein, aber je nach Kind und weiterem Erziehungsverhalten kann eben doch was dabei sein.

„Wichtig ist, dass wir vorher üben und konzentriert Gefährdungsstellen anschauen und besprechen.“

Welche Wege kann ein Kind in welchem Alter deiner Meinung nach schonmal alleine machen? Was können wir unseren Kinder zutrauen? Das ist ja eine Frage, die sich viele von uns stellen…

Ich finde immer, man sollte im Vorschuljahr gucken, was die Kinder sich zutrauen, was man ihnen zutrauen kann, mit welchen Hilfsmitteln wir langsam das Band zwischen uns und dem Kind verlängern können. Das kann der parallele Weg im Park oder im Wald sein, den unser Kind nehmen darf. Es kann der Fußweg zur Freundin oder zum Kaugummiautomaten sein. Wichtig ist, dass wir vorher üben und konzentriert Gefährdungsstellen anschauen und besprechen. Und da sollten wir nicht nur eine Litanei an Regeln und Warnungen herunterbeten, sondern mit unserem Kind reinfühlen: Was ist hier gefährlich? Wo kann man schlecht sehen? Was könnte hier doof werden? Worauf muss man noch achten? Was meinst du? Was möchtest du schaffen? Was könnte dir helfen?

Was wäre dein Rat, wenn dich nun Eltern fragen würden: Liebe Inke, sollen wir unser Kind tracken oder nicht? 

Ich würde natürlich erstmal fragen: Warum? Und dann versuchen, beziehungsstarke Lösungen zu finden.


Mehr von Pädagogin Inke Hummel:

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